Essen. . Die Zahl der Wohnungseinbrüche bleibt in Essen konstant hoch. Viele Opfer fühlen sich nicht nur ihrer Wertsachen, sondern auch ihres Sicherheitsgefühls beraubt; manche ziehen sogar nach einem Einbruch um. Der Weiße Ring betreut Menschen, die mit den Folgen eines Einbruchs kämpfen.
Einbrüche verursachen in Essen nicht nur einen Schaden von jährlich rund sieben Millionen Euro, sondern lassen zahlreiche Opfer auch dauerhaft traumatisiert zurück. So erlebt es der örtliche Leiter des Weißen Rings, Tobias Degener. Was den Juristen in dieser ehrenamtlichen Funktion ebenso umtreibt wie Bürger und Polizei.
Gerade nahmen die Beamten in Bredeney zwei junge Mädchen (15 und 18 Jahre) fest, die sich auffällig für einige Häuser an der Meisenburgstraße interessierten. Die Polizisten fanden bei den beiden Schraubendreher und selbst gefertigte Türöffner; konnten ihnen aber keine konkrete Tat nachweisen. Die Zahl der Wohnungseinbrüche jedoch stieg im vergangenen Jahr auf einen Höchststand (2381) mit gleichbleibendem Trend für 2014.
Panikattacken und Angststörungen nach Einbrüchen
Hinter den Zahlen stehen die Opfer. Ihnen wird Schmuck, Geld, Elektronik gestohlen – und die Sicherheit genommen, weiß Tobias Degener. So wie der jungen Frau, die sich nach dem ersten Einbruch auf Rat der Polizeibeamten gar einen Hund angeschafft habe. Allein, die oft organisierten Straftäter schreckte das nicht ab. Sie kamen wieder. „Für die Frau bedeutete das nicht nur schlaflose Nächte“, sagt Degener. Es folgten eine Angststörung, die so heftig wurde, dass sie aus der Wohnung hat ausziehen müssen und sogar ihren Job verlor.
Ebenfalls unter Panikattacken leidet ein Essener, der zwei Einbrecher mit einer Brechstange auf seinem Balkon überraschte. „Als der Bewohner zum Handy greifen wollte, zog einer der Täter eine Pistole“, erzählt Degener. Obwohl die Ertappten schnell die Flucht ergriffen, blieb der Bewohner traumatisiert zurück. Auch er zog um.
Weißer Ring vermittelt auch Kontakt zur Trauma-Ambulanz
Degener hört den Opfern zu, vermittelt etwa Kontakte zur Trauma-Ambulanz der Uniklinik. „Nicht bei jedem kommt es zu Schlafstörungen und Depressionen“, sagt er, doch niemand sollte es als Schwäche empfinden, Hilfe zu suchen.
Mit einem unguten Gefühl und schlaflosen Nächten kämpft nach einem Einbruch eine Schönebeckerin. Ihre Gedanken kreisen darum, wo die Fremden überall hergelaufen sind, was sie alles angefasst haben. Am Donnerstag brachen sie ins Haus ein, rissen alle Schubladen und Schranktüren auf. Zuvor haben sie die Kamera an der Eingangstür umgedreht und sind durchs Fenster an der Straßenseite eingestiegen. Es muss morgens gegen neun gewesen sein, schon um halb zwölf haben sie zum ersten Mal versucht, Geld mit der Kreditkarte abzuheben, 800 Euro sind weg. Viel schlimmer wiege aber, „dass Opas Uhr und die Münzsammlung fehlen“. Werte, die ihnen keine Versicherung ersetzen könne, sagt das Opfer: „Ich will in dieses Haus nicht mehr rein.“