Essen. . Der Messe-Bürgerentscheid brachte Selbstvertrauen und eine Entfremdung vom Viererbündnis. Mit einer positiven Haltung zu Steuererhöhungen und leisem Lob für die SPD schielen die Grünen nun nach links

Der Bürgerentscheid über die Zukunft der Messe Essen war eine Zäsur für das „Viererbündnis“ im Rat. Vier Jahre lange bestimmten die Grünen gemeinsam mit CDU, FDP und dem Essener Bürgerbündnis (EBB) darüber, wo es lang geht in der Stadtpolitik. Und nicht selten waren es die Grünen, welche die Richtung vorgaben.

Die Frage aber, ob die klamme Stadt 123 Millionen Euro in die Messe investieren sollte oder nicht, dividierte die Bündnispartner auseinander und mündete in den Bürgerentscheid. Das Ergebnis ist bekannt. Entsprechend selbstbewusst ziehen die Grünen in den Kommunalwahlkampf. Knapp zwölf Prozent der Stimmen und neun Ratsmandate hatten sie vor fünf Jahren eingefahren. „Wir gehen davon aus, dass wir das Ergebnis steigern werden“, sagt Vorstandssprecher Mehrdad Mostofizadeh.

Die Grünen haben ihre politischen Wurzeln bekanntlich in der Friedens- und Umweltbewegung, wurden also quasi auf der Straße geboren. Programmatisch speist sich daraus so etwas wie ein Alleinvertretungsanspruch in Sachen Bürgernähe. Vielleicht erklärt sich damit auch die Vehemenz, mit der führende Grüne dem Essener Bürgerbündnis (EBB) und namentlich dessen Vorsitzenden Udo Bayer verbale Backpfeifen verpassen.

Grüne wollen in Verkehrswege und Immobilien investieren

Der EBB-Fraktionschef hat sich in den Augen führender Grünen als künftiger Bündnispartner diskreditiert, weil er die 16.000 Unterschriften beim Bürgerbegehren gegen den Messe-Umbau öffentlich als „nichts, das ist gar nichts“ bezeichnet hatte. Indem Bayer für den Messe-Umbau eintrat, habe der „selbst ernannte Sparkommissar“ zudem den gemeinsamen Kurs der Haushaltskonsolidierung verlassen, was ja auch für CDU und FDP gelten würde. Diese Parteien werden indes auffallend geschont.

Die Haushaltspolitik der vergangenen viereinhalb Jahre haben die Grünen ausdrücklich mitgetragen. Nun heißt es: „Wir sind nicht bereit, die Verantwortung aus der Hand zu geben.“ Zuletzt fühlten sich die Grünen auch vom Stadtkämmerer allzu sehr in ihrem politischen Gestaltungsspielraum eingeengt. Auch die Grünen unterstreichen zwar, dass sie weiter sparen wollen. Investitionen in Verkehrswege und Immobilien dürfe das aber nicht ausschließen. Ein Schulentwicklungsplan sei ebenfalls überfällig. Als Beispielhaft gilt den Grünen der „Masterplan Sport“ und das Zusammenlegen von Sportanlagen nach dem Prinzip aus zwei mach einen.

„Über Steuererhöhungen wird man sprechen müssen"

Und: „Über Steuererhöhungen“, sagt Fraktionssprecherin Hiltrud Schmutzler-Jäger, „wird man sprechen müssen“. Auch dies durchaus neue Töne, die SPD und Linken gut gefallen werden. Deuten sich da neue Kooperationen im Rat an? Immerhin attestierten die Grünen der SPD Lernfähigkeit und Pragmatismus. Mit OB Reinhard Paß hingegen, dessen Amtszeit erst 2015 endet, können die Wortführer der Grünen weiterhin wenig anfangen. Und was ist mit rot-rot-grünen Gedankenspielen? Leichter geworden sei es nicht, jetzt, wo bei den Linken Leute das Sagen hätten „die alle drei Wochen ihre Meinung ändern“.