Essen. . Essens Grüne setzen mit dem Messe-Entscheid im Rücken auf ein besseres Ergebnis bei der Kommunalwahl am 25. Mai, halten sich gegenüber CDU und SPD alle Optionen offen, üben dagegen harte Kritik am EBB.

Auf keinen Fall festlegen, auf keinen Fall festlegen lassen: Nein, eine Koalitionsaussage wird es von den Essener Grünen 40 Tage vor der Kommunalwahl nicht geben. Wie auch, in einem künftig bunteren Stadtrat. Ein Einblick in die grüne Gemütslage wird dann doch gewährt: Die FDP? Sie wird sicher erhebliche Verluste erleiden und keine tragende Rolle spielen. CDU und SPD? Einfach mal entspannt den Wahlabend abwarten und bis dahin alle Optionen offen halten. Mit den Linken? Das dürfte schwierig werden, vor allem mit Leuten, „die alle drei Wochen ihre Meinung ändern“. Und natürlich wird es keine Zusammenarbeit mit den rechtspopulistischen Parteien geben.

Auch im Verhältnis zum Essener Bürgerbündnis (EBB) ist offenbar nach viereinhalbjähriger Kooperation im Viererbündnis das Tischtuch durchtrennt. „Wenn Udo Bayer so weiter Politik betreibt, wird es mit ihm keine Zusammenarbeit geben“, betonen Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger und Vorstandssprecher Mehrdad Mostofizadeh.

Bürgerbündnis nicht mehr ernst nehmen

Das Bürgerbündnis könne man als Bürgerpartei nicht mehr ernst nehmen. Auch nach Vorlage der neuen Zahlen zu den Sitzungsgeldern halten Mostofizadeh und Schmutzler-Jäger den Vorwurf aufrecht, dass sich das Essener Bürgerbündnis hier über Gebühr bedient hat: „Sich einerseits als Haushaltssanierer profilieren zu wollen, selbst wenn es nur um 10.000 Euro geht, anderseits aber bei den Sitzungsgeldern alle Möglichkeiten auszuschöpfen – das passt nicht zusammen.“ Die Pro-Kopf-Berechnung empfindet Vorstandssprecher Mehrdad Mostofizadeh als „lustige Variante“.

Vor allem aber die Positionierung „des selbsternannten Sparkommisars Udo Bayer“ bei der geplanten 123-Millionen-Euro-Investition für die Messe und die Begleitmusik zum Bürgerentscheid nimmt die Grünen-Spitze dem Bürgerbündnis übel: „Den Entscheid und die Bürger zu beschimpfen, im Nachhinein das Ergebnis und selbst die neuen Messepläne zu diskreditieren, das passt einfach nicht zu einer Bürgerpartei.“ CDU und SPD hätten sich hier deutlich professioneller verhalten, das Ergebnis akzeptiert, sich sofort auf die neue Situation eingestellt, um an einer Lösung zu arbeiten. Dazu kommt noch die Rot-Rot-Grün-Kampagne des EBB, die man in der Grünen-Zentrale am Kopstadtplatz verärgert zur Kenntnis nimmt.

Positive Worte für CDU und SPD

Fast hat es den Anschein, als führten die Grünen einen Wahlkampf nur gegen Udo Bayer. Auffallend positive Worte fallen dagegen zu CDU und SPD – die, und das ist eines der „Aber“ zu den Sozialdemokraten, nach wie vor unter ihrem Oberbürgermeister Reinhard Paß zu leiden hätten, „der viele Dinge unnötig verkompliziert“ und wie bei der Messe zu häufig auf der Bremse stehe, statt Chancen der Zusammenarbeit auszuloten: „Da sind viele Möglichkeiten verpasst worden.“

Inhaltlich bieten die Grünen keine Überraschungen: Klar, die städtischen Finanzen sollen weiter saniert, der Sanierungsstau beendet, Bürger stärker beteiligt, der ökologische Umbau ebenso wie der ÖPNV-Ausbau und der Radverkehr gestärkt, die Stadtquartiere, Kultur, Sport- und Freizeitstätten weiterentwickelt werden. Vieles im Wahlprogramm ist allgemein gehalten in einer Stadt, die finanziell extrem auf Kante genäht ist, die seit Jahren auf Substanz lebt, bei Schulen und anderen städtischen Immobilien, im Sportbereich, bei den Straßen.

Spielraum ist begrenzt

Der Spielraum ist sehr begrenzt, das sagen auch die Grünen ganz klar, „aber das heißt natürlich nicht, dass wir unsere politische Verantwortung beim Kämmerer abgeben“, betont Hiltrud Schmutzler-Jäger. Vielmehr gelte es, eine ehrliche Bestandsaufnahme vorzunehmen, um zu vernünftigen Strukturen zu kommen „in einer schrumpfenden Stadt. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen, auch wenn es die CDU gerne anders hätte“. Um letztendlich den Umbau gestalten zu können, wie zum Beispiel beim Masterplan Sport oder bei den Bädern, müsse die Stadt ihre Einnahmeseite verbessern, „dazu gehören auch höhere Steuern und Abgaben“.

Rundgang durch die Messehallen

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    Nur, leider, beweise die Politik in den Stadtteilen beim Rückbau der Infrastruktur selten Stehvermögen, vor allem die SPD neige vor Ort zu einer anderen Haltung: „Da wird dann wieder jeder Sportplatz und jede Grundschule verteidigt.“ Dabei führe kein Weg daran vorbei. Auch in der Kultur gehe es um mehr regionale Kooperation, „nicht aber um Fusion“. Dies alles wollen die Grünen im Wahlkampf herausarbeiten: Knapp 12 Prozent und neun Ratssitze lautete vor fünf Jahren das Ergebnis der Kommunalwahl. Der Bürgerentscheid zur Messe habe die Position gestärkt, „deshalb wollen wir uns bei der Kommunalwahl steigern“.