Essen. . Essens CDU setzt im Wahlkampf auf eine Mischung aus konservativen, sozialen und wirtschaftsnahen Stichworten. Gemessen an den Startchancen 2009, kann die Partei mit der Ratsfraktion zufrieden sein.
Niederlagen, die man nicht erwartet, sind die schlimmsten. Entsprechend groß war die Enttäuschung bei der CDU, als am Abend des 31. August 2009 der OB-Posten weg war, und auch nur magere 31,9 Prozent bei der Ratswahl standen. Die SPD war wieder klar stärkste Kraft in Essen geworden, schlagartig beendet schien der zehn Jahre währende CDU-Höhenflug. Doch es kam anders: Der damals neu gewählte CDU-Fraktionschef Thomas Kufen schmiedete ein Mehrheitsbündnis mit FDP, EBB und Grünen und schaffte es durch geschicktes Taktieren, die Truppe über die volle Ratsperiode zusammenzuhalten. Krisen wurden gemeistert, weil die vier Fraktionschefs auf der menschlichen Ebene gut miteinander auskamen. Dass die CDU dafür einige inhaltliche Kröten schlucken musste, gehört zur Wahrheit dazu.
In den Wahlkampf für die Kommunalwahl am 25. Mai geht die CDU jedenfalls mit dem Selbstbewusstsein einer Partei, gegen deren Willen in den letzten fünf Jahren wenig durchzusetzen war und der es gelang, die weit größere SPD von der Macht fernzuhalten. Parteichef Franz-Josef Britz und Kufen demonstrieren aber auch Demut: „Wir haben aus den Fehlern von 2009 gelernt“, sagt Britz. Nicht ein dröhnendes „Weiter so“ soll die nächsten sechs Wochen prägen, sondern ein eher gefühliges Herangehen an Themen. Einen „sehr klassischen Wahlkampf“ will die CDU laut Kufen führen, und das heißt auch, es wird einiges versprochen, von dem man in Wahrheit nicht weiß, ob man es auch halten kann.
Eigene Schultoiletten-Kampagne
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Plakatieren will die CDU zunächst drei Schwerpunktthemen, die wohl nicht zufällig eine gewisse politische Breite abdecken. Da wäre einmal das eher „konservative“ Thema Sicherheit und Ordnung. Die CDU will mehr Einbruchsbekämpfung und dafür die Polizei stärker in die Pflicht nehmen, was allerdings Ländersache ist. „Es gibt eine gefühlte Unsicherheit, das Thema spricht auch Frauen an“, so Kufen. Zweitens gibt die CDU ihre „Hand drauf: Mehr Kita-Plätze, offenen Ganztag ausbauen“, wie es auf dem Plakat heißt. Das Kita-Thema gilt als „modern“ und „sozial“. Und schließlich wollen Kufen und Britz bei wirtschaftsnahen Wählern den Eindruck erwecken, die ökonomische und bauliche Entwicklung Essen sei bei ihnen am besten aufgehoben. „Für ein starkes Essen“, heißt der Slogan, der mit der Zollverein-Rolltreppe dekoriert wird, die - wie Kufen zufrieden bemerkte - „die Farbe CDU-orange trägt“.
Später kommen dann noch die Schultoiletten. Die CDU möchte nicht von einem womöglich zugkräftigen Thema überrascht werden - und hält mit einer eigenen Kampagne gegen eine ähnliche der SPD. „Sicher sein“, weiß Britz, „kann man sich in Wahlkämpfen nie“.
Vorentscheidung um den OB-Kandidaten
Am 25. Mai werden auf kommunaler Ebene nur der Rat, die Bezirksvertretungen und der Integrationsbeirat gewählt - nicht aber der Oberbürgermeister, dessen Wahl erst im Herbst 2015 folgt. Vom Abschneiden der CDU in sechs Wochen wird aber eine Vorentscheidung darüber erwartet, wer sich als OB-Kandidat für die CDU warmläuft. Kann die CDU ihre relativ starke Position im Rat halten oder gar ausbauen, ist die Erfolgschance größer, auch die OB-Wahl zu gewinnen und das OB-Amt gut auszuüben, und es wird dann vermutlich mehrere Interessierte geben. Einer davon dürfte Thomas Kufen sein. Der CDU-Fraktionschef und Landtagsabgeordnete hat sich seit langem als Gegenspieler von Amtsinhaber Reinhard Paß profiliert, den viele in der SPD allerdings gar nicht mehr aufstellen wollen. Wenn dies so käme, gäbe es mindestens zwei weitere potenzielle CDU-Kandidaten, deren Namen häufig gehandelt werden: Personal- und Ordnungsdezernent Christian Kromberg und Sozialdezernent Peter Renzel. Beide würden aber entweder gar nicht oder nur sehr ungern gegen ihren Chef Reinhard Paß antreten, sodass die Kandidatenentscheidung der CDU stark beeinflusst wird von der der SPD.
Thomas Kufen wiederum ist trotz seines strategischen Geschicks nicht durchgängig in der CDU anerkannt. Mancher nimmt dem Borbecker übel, dass er die CDU an FDP, EBB und Grüne kettete, allerdings fehlt solchen Vorwürfen fast immer der Hinweis auf gangbare Alternativen. Die einzige andere Möglichkeit, nämlich Juniorpartner der SPD zu sein, kann für Christdemokraten ja kaum reizvoller sein.