RWE gegen den MSV – Meidericher Perle trifft Uralt-Ultra
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Essen/Duisburg. . Am Dienstag empfängt Rot-Weiss Essen den MSV Duisburg im Halbfinale des Niederrheinpokals. Vor dem Derby sprachen zwei treue Fans voller Vorfreude über den Pokalhit – und auch über das, was sie am Verein des anderen nicht mögen: „Meidericher Perle“ trifft RWE-„Uralt-Ultra“.
Das Malocher-Image, die Geldnot, der Ruhrpott. Rot-Weiss Essen und der MSV Duisburg haben einiges gemeinsam. Am Dienstagabend wollen die Traditionsclubs an der Hafenstraße ins Finale des Niederrheinpokals einziehen. Die Leid erprobten Fans der Traditionsclubs fiebern dem Derby seit Januar entgegen. Vorab trafen sich zum Verbalduell zwei Fans, die ihren Verein seit Jahrzehnten begleiten: Marion Schübel aus Duisburg und RWE-Fan Helmut „Happo“ Tautges. Beide waren sich ... ziemlich sympathisch.
Marion, was verbindest du mit Rot-Weiss Essen?
MSV-Fan Marion Schübel: Der letzte Spieltag gegen RWE in der zweiten Liga 2007. Wir sind in die Bundesliga rauf, ihr in dritte abgestiegen. Was haben wir gefeiert!
Happo: Weiß ich gar nicht mehr. Als RWE-Fan muss man Niederlagen ausblenden können.
Und was fällt dir zum MSV ein?
Happo: Mein erstes Auswärtsspiel allein – 1966, mit elf Jahren. Da hab ich zwei Backpfeifen kassiert. Dem Meidericher SV hab ich es davor schon als Kind übel genommen, dass er 1963 unseren Boss [Helmut Rahn, d. Red.] geholt hat.
„Meidericher Perle“ trifft Essener „Uralt-Ultra“
Marion Schübel (48) lebt, wo sie zur Welt kam: in Meiderich. Sie ging 1977 ins Wedaustadion, um den Star auf ihrem Bravo-Poster live zu sehen: Kevin Keegan (HSV). Verliebt hat sie sich aber in den MSV. Im Stadion lernte sie später auch ihren Ehemann kennen. Die Versicherungsfachfrau organisiert Auswärtsfahrten (Zebrabus), war Mitbegründerin der Fanclubs „Auf geht’s“ und „Meidericher Perlen“. Ihr schönstes MSV-Erlebnis: „als wir Duisburger Schalke im Pokalfinale 2011 trotz der Pleite 25 Minuten an die Wand gesungen haben.“
Helmut „Happo“ Tautges (59), geboren in Stoppenberg, besucht seit 1966 Heim- und Auswärtsspiele von RWE. Gründete mit zwei Kumpels die „Uralt Ultras“, engagiert sich mit diesen sozial, sammelte zuletzt Geld für das RWE-Team III (Kreisliga C), ein Projekt der Essener Chancen. Happos schönster Tag als RWE-Fan: „das DFB-Pokalfinale 1994 gegen Bremen.“
Das Stadion ausverkauft, der Sieger im Niederrheinpokal spielt im DFB-Pokal. Wie wichtig ist das Spiel?
Schübel: Wir mussten erstmal verdauen, dass wir im Niederrheinpokal spielen müssen. Vor drei Jahren standen wir noch in Berlin im DFB-Pokalfinale.
Happo: Im DFB-Pokal kennen wir uns aber besser aus. Ihr wart zwar viermal im Endspiel, aber wir haben den Pott auch mal gewonnen.
Schübel: Wir wollen trotzdem wieder mitspielen. Wir sind alle total heiß auf RWE. Am Montag gehen wir zum Training, um den Spielern klar zu machen, worum es geht. Am Dienstag guckt ja vor dem Fernseher ganz Deutschland zu.
Happo: Dann singen mal mehr als 20 Fans auf der Gästetribüne. Das wird was anderes als gegen Lippstadt oder Leverkusen II. Endlich wieder echte Derby-Atmosphäre!
Schübel: Respekt, habt ihr doch ganz ordentlich hinbekommen. Wobei die Löcher in den Ecken, so schön wie unseres ist das nicht.
Happo: Ja, die Akustik ist das große Manko. Die Fanlager werden sich nicht besonders gut hören. Aber je nach Spielverlauf wird das Stadion kochen.
Ihr habt uns „Wer ist der Schreck vom Niederrhein“ geklaut
Was singt ihr denn?
Schübel: Champions League kann jeder – Niederrheinpokal-Sieger!
Happo: Gegen Essen kann man mal verlieren! Was mir übrigens wirklich auf den Geist geht: Ihr habt uns „Wer ist der Schreck vom Niederrhein?“ [Nur der RWE! d. R.] geklaut. Den Schlachtruf haben wir erfunden!
Schübel: Da war ich aber noch nicht geboren. Schmähgesänge werde ich natürlich auch singen.
RWE-Pokalgeschichte
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Happo: Und wir: „Zebras in den Zoo“. Was bin ich froh, dass wir kein Maskottchen haben. Im Stadion singt man halt gemeine Sachen, ist ja kein Ballett. Trotzdem kann ich auch mit netten MSV-Fans ein Bier trinken – nur eben nicht während des Spiels.
Schübel: Ich habe kein Problem mit unseren Hooligans, auch keines mit den Ultras. Aber Gewalt finde ich traurig, die lehne ich strikt ab.
Happo: Stimmt, das geht gar nicht. Und sicher: Es wird ein paar Scharmützel geben, aber außerhalb des Stadions. Und die ganz große Mehrheit ist ja friedlich und kommt, um das Spiel zu sehen.
Lokalpatriotismus spielt im Fußball eine große Rolle. Was hat Duisburg, was Essen nicht hat?
Schübel: Wenn’s drauf ankommt, rücken die Duisburger zusammen. Nach der Loveparade-Katastrophe hat man das gemerkt, zuletzt im Vorjahr, als wir gegen den Zwangsabstieg demonstriert haben. Darauf bin ich stolz. Damals waren übrigens sogar RWE-Fans da, um sich solidarisch zu zeigen.
Happo: An meiner Heimatstadt könnte ich so viel kritisieren, aber ich würde Essen nie verlassen. Stärker ist bei mir noch das Gefühl Hafenstraße: die freche Schnauze, ein bisschen prollig, die Gemeinschaft. Das baut einen auf.
Und am Dienstag?
Happo: Da gewinnen wir 1:0. Eigentor in der 87. Minute.
Schübel: Ich hab’ schon irgendwie Angst vor einer Niederlage. Aber der MSV gewinnt 3:1.
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