Duisburg. . Neue Erkenntnisse zum Angriff rechter Schläger auf MSV-Ultras im Oktober: Die NRW-Landesregierung liefert Antworten zum Stand der Ermittlungen. Sowohl die rechte „Division Duisburg“ als auch die antifaschistische „Kohorte“ sind von den Strafverfahren betroffen. Das Innenministerium verkennt die Gefahr durch Rechtsextremismus im Fußball.

Birgit Rydlewski hat nachgehakt, die NRW-Landesregierung hat reagiert: Auf Anfrage der Landtagsabgeordneten der Piratenpartei liefert das Innenministerium in seiner Antwort neue Erkenntnisse zum massiven Angriff rechter Duisburger Hooligans auf antifaschistische MSV-Ultras im Oktober. Titel der vierseitigen Stellungnahme: „Rechte Gewalt bei Fußballfans in NRW, insbesondere in Duisburg“.

Vor allem der Stand der strafrechtlichen Ermittlungen gibt Aufschlüsse. Gerade in diesem Punkt lagen nach dem Vorfall teils widersprüchliche, irritierende Informationen vor. Auf Anfrage unserer Redaktion hatte die Polizei Duisburg noch am Abend nach der Attacke mitgeteilt, es seien neun Strafanzeigen gestellt worden. Zwei Tage später aber korrigierte sie die Aussage: Diese Strafanzeigen stünden nicht im Zusammenhang mit dem Übergriff, sagte Polizeisprecher Ramon van der Maat.

Die Stellungnahme der Landesregierung vom 3. Dezember bringt nun etwas Licht ins Dunkel. Hier heißt es, die Polizei habe „ein Ermittlungsverfahren aus Anlass der beschriebenen Körperverletzung am Fancontainer“ eingeleitet, „das derzeit noch gegen unbekannte Beteiligte geführt wird. Weitere sechs Strafverfahren wurden […] eingeleitet, da Personen im Zuge der polizeilichen Maßnahmen zur Trennung der Kontrahenten strafrechtlich in Erscheinung traten.“

„Division Duisburg“ und „Kohorte“ bei Polizei im Fokus

Die Polizei hatte bei der Attacke der „Division Duisburg“ auf MSV-Ultras der „Kohorte“ die Gruppen unter Einsatz von Schlagstöcken und Reizgas voneinander getrennt. Von den sechs polizeilich eingeleiteten Strafverfahren sind aber nun beide Gruppen zumindest indirekt betroffen. Das Innenministerium formuliert es folgendermaßen: „Von diesen Verfahren werden […] jeweils zwei Verfahren gegen Angehörige bzw. Personen aus dem Umfeld der 'Division Duisburg' und 'Kohorte' sowie zwei unbekannte Täter geführt.“

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Mehrere MSV-Ultras sollen bei dem Angriff verletzt worden sein. „Sie saßen blutend auf dem Boden, etliche weinten“, berichtete ein Augenzeuge. Birgit Rydlewski fragte bei der Landesregierung nach: „Wie viele Verletzte gab es auf Seiten der Fangruppe 'Kohorte Ultras'?“ Die überraschende Antwort: „Der Polizei wurden auch im Nachgang zu dem Einsatz keine verletzten Personen bekannt, die der Ultragruppierung 'Kohorte' zuzurechnen sind.“

Jedoch habe sich nachträglich ein Mitarbeiter des Fanprojektes Duisburg verletzt gemeldet. Es sei eine Anzeige wegen Körperverletzung gestellt worden, „die derzeit gegen Unbekannt betrieben“ werde. Zudem sei „ein Polizeibeamter leicht verletzt“ worden.

Verflechtungen zwischen rechten Gruppierungen im Fußball

Einen Tag nach dem Vorfall hatten die MSV-Ultras auf ihrer Website erklärt, dass auch Mitglieder des „Nationalen Widerstandes Duisburg“ und Führungspersonen des „Nationalen Widerstandes Dortmund“ an dem Angriff beteiligt gewesen sein sollen. Die Landesregierung teilte nun mit, der Polizei Duisburg lägen Erkenntnisse zu einem Angehörigen der Gruppierung „Division Duisburg“ vor. Diese Person sei auch in der im August 2012 verbotenen Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“ organisiert gewesen. „Daneben ist eine weitere Person sowohl in der Gruppe 'Nationaler Widerstand Duisburg' als auch in der bei Fußballspielen des MSV Duisburg auftretenden Gruppe 'Borrachos Duisburg' aktiv.“

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Der MSV Duisburg hatte am 24. Oktober erklärt, eine politische Motivation scheine bei dem Angriff nicht vorgelegen zu haben. Diese Einschätzung steht auch im Widerspruch zu den Entwicklungen, die sich bei anderen Vereinen vollziehen. Zwei folgenschwere Beispiele: Bei Alemannia Aachen lösten sich die Ultras nach wiederholten Attacken rechter Gruppierungen auf, bei Eintracht Braunschweig untersagte die Vereinsführung den Ultras, Spiele „als Gruppe“ zu besuchen.

Über die komplexen Verflechtungen faschistischer Gruppierungen hatte zuletzt auch das Nachrichtenportal „Spiegel Online“ berichtet. Unter dem Titel „Hooligans und Neonazis bedrohen den deutschen Fußball“ wurde aufgezeigt, wie rechtsextreme Netzwerke vereinsübergreifend operieren und den Fußball zur Bühne der Gewalt machen.

Die NRW-Landesregierung scheint diese Tendenz jedoch nicht zu erkennen. Das belegt eine andere, ebenfalls am 3. Dezember veröffentlichte Stellungnahme, in der das Innenministerium die Fragen der Piraten-Abgeordneten Frank Herrmann und Torsten Sommer beantwortet. In der Vorbemerkung unter dem Titel „Fußballfans unter ständiger Beobachtung?“ heißt es: „Bislang lassen die Anzeichen nicht den Schluss auf eine strukturelle Unterwanderung der Fanszene durch Rechtsextremisten zu.“