Essen. Sengita Gülmez kam aus Albanien nach Deutschland, konnte kein Deutsch, hatte keinen Schulabschluss. Mit dem Berufsförderzentrum (Bfz) und der Volkshochschule gelangen ihr Schul- und Berufsabschluss. Jetzt startet die alleinerziehende Mutter ihren ersten echten Job – als Zerspanungsmechanikerin.
Sengita Gülmez hat am Freitag ihren Facharbeiterbrief erhalten, zertifiziert von der Industrie- und Handelskammer (IHK), offizieller geht’s gar nicht. Sie ist jetzt Zerspanungsmechanikerin.
Als Zerspanungsmechaniker steht man an schweren Maschinen und dreht und fräst, es geht um Metall, „und Sie können immer sehen und anfassen, was Sie mit Ihren Händen geschaffen haben“, sagt Sengita Gülmez. „Das ist das Tolle an dieser Arbeit. Ich bin Macherin. Dieser Job passt zu mir.“
"Pflege oder Metall, beides fand ich gut"
Sie ist jetzt 36, ist alleinerziehende Mutter von drei Söhnen (14, 13 und sechs Jahre alt), und es war ein langer Weg bis zum Facharbeiterbrief. „Aber er hat sich gelohnt“, sagt sie und lacht laut.
Es war nicht immer lustig im Leben von Sengita Gülmez. Sie kam aus Albanien nach Deutschland, da war sie 18, hatte weder Schulabschluss, noch konnte sie Deutsch. Erste Versuche, den Abschluss nachzuholen, scheitern. Später „wollte ich einen Ein-Euro-Job machen, besser als nichts“, erinnert sie sich. Bei der Agentur für Arbeit sagt man ihr, bei der Bfz Essen GmbH (früher Berufsförderungszentrum) könne man Hauptschulabschluss nachholen und gleichzeitig einen Einstieg in eine Berufsausbildung absolvieren. „Pflege oder Metall, beides fand ich gut“, sagt Sengita Gülmez. Als sie durch die Werkshallen bei der Bfz GmbH an der Karolingerstraße (Nordviertel) geführt wurde, wusste sie sofort: „Das ist es. Das will ich.“
Okaye Noten im theoretischen Teil
Den Abschluss holte sie bei der VHS nach, den Berufsteil gab es bei der Bfz GmbH. „Wir kooperieren mit der VHS, es gibt insgesamt zwölf Berufsfelder“, erklärt Reiner Siebert, Abteilungsleiter bei der Bfz GmbH. 30 bis 40 Kandidaten starten pro Jahr, viele brechen ab, gehen zurück in ihre unqualifizierten Jobs. Sengita Gülmez hielt durch, auch wenn es nicht einfach war. „Das Lernen fiel mir schwer“, sagt sie.
Das Bfz gibt es seit 1968
Die Bfz Essen GmbH war 1968 als Modellprojekt von Bund, Land, Stadt und anderen gegründet worden – damals ging es vor allem um neue berufliche Perspektiven für Bergleute.
Seit 2009 ist das ehemalige Berufsförderungszentrum in eine GmbH umgewandelt worden, gehört als Stadt-Tochter zur EABG, einer städtischen Firmengruppe. Kontakt: 0800 23 93 773.
Gegen zehn Uhr am Abend war sie mit ihrer Arbeit fertig, dann waren die Kinder im Bett, die Schultornister für den nächsten Tag gepackt, die Wäsche gemacht, die Wohnung aufgeräumt. „Und dann hab’ ich mich über meine Bücher gebeugt. Oft bin ich eingeschlafen.“ Reiner Siebert sagt: „Es gibt immer wieder Phasen, da benötigen die Kandidaten besondere Fördermaßnahmen, um den Abschluss hinzubekommen.“
Bei einer Firma im Essener Westviertel, die Gelenkwellen herstellt, hat Sengita Gülmez einen Teil ihrer praktischen Ausbildung absolviert. Die IHK-Prüfung hat sie jetzt auch geschafft; mit sehr guten Noten im praktischen Teil, mit okayen Noten im theoretischen Teil. Konsequenz: „Im Februar fange ich bei der Firma fest an. Eine mündliche Zusage habe ich schon.“
Sagt sie und lacht laut.