Essen. . Spatenstich für den Streckenneubau von Frohnhausen über den Beitz-Boulevard zur Altendorfer Straße: Stadt, Land und Evag investieren 14 Millionen Euro.

Alles alte Geschichten: Vor über zwei Jahrzehnten standen die Grünen und mit ihnen viele Nahverkehrsfreunde vor der Krupp-Zentrale, um für eine Linie 109 durch die Westendstraße zu demonstrieren. Davon wollte der Konzern damals nichts wissen, und auch in der Politik ließ sich für das Thema abseits der Grünen niemand so recht erwärmen.

Die autogerechte Stadt galt damals noch als vorrangiges Ziel. Und so rumpelte die 109 weiter den Umweg über den Knotenpunkt Helenenstraße, an dem sich die Linien bis heute den engen Verkehrsraum mehr schlecht als recht teilen.

„Wie sich die Dinge ändern“

Als sich Thyssen-Krupp nun vor acht Jahren entschloss, das riesige Grundstück zwischen Frohnhauser und Bottroper Straße zu entwickeln und hier die neue Konzernzentrale zu schaffen, da galt eine leistungsstarke Straßenbahn-Anbindung als eine wichtige Forderung an die Stadt. Und so schaut beispielsweise Rolf Fliß, der damals als Grüner die Demo mitorganisiert hatte, fast schon gerührt auf den Bagger: „Wie sich die Dinge doch manchmal ändern.“

In der Tat: An der Frohnhauser Straße, in Höhe der Haeden-kampstraße, schlugen Stadt und Evag, VRR, Bezirksregierung, ja, auch Thyssen-Krupp, gestern eine neue Seite in der Nahverkehrsgeschichte der Stadt auf: Erstmals seit den Streckenstilllegungen in den ‘60er und ‘70er Jahren wird wieder in den Bau einer Straßenbahnlinie investiert.

Zwei Haltestellen sind geplant

Für rund 14 Millionen Euro soll bis Ende des Jahres die neue Trasse für die 109 entstehen: Vom U-Bahn-Tunnel an der Altendorfer Straße kommend wird die Linie nach Süden über den Berthold-Beitz-Boulevard zur Frohnhauser Straße rollen, um von dort bis zum Knotenpunkt Martin-Luther-Straße wieder auf ihren ursprünglichen Linienweg zurückzukehren, den sie einst bis 1991 befuhr. Zwei Haltestellen sind geplant, eine in Höhe der Scheder-hofstraße, eine weitere am nördlichen Ende auf dem Berthold-Beitz-Boulevard. Da die Strecke beim Land als „vordringlich“ gilt, übernimmt Düsseldorf 80 Prozent der Baukosten.

„Wir bauen gegen den Trend“, sagte Oberbürgermeister Reinhard Paß beim gestrigen Spatenstich, was wohl auch als kleiner Seitenhieb auf andere Kommunen wie Mülheim zu verstehen ist, die sich von ihren Straßenbahnen trennen wollen, um auf Busse umzusteigen. Anders als dort sieht die Stadtspitze hier ihr Geld „gut investiert“, um den Westen aufzuwerten, das neue Krupp-Quartier, „neue Arbeitsplätze, neue Wohnungen und neue Freiflächen“ zu erschließen, wie Paß betonte.

„Mit dem Straßenbau werden wir wohl erst Mitte 2015 fertig sein“

Die Vorteile der 1,3 Kilometer langen Linienführung liegen auf der Hand, rechnete Evag-Chef Michael Feller vor: Die erheblich kürzere Strecke auf eigenem Gleisbett bringen der 109 pro Fahrt drei Minuten. Hört sich wenig an, gilt aber im Nahverkehr als nennenswerte Größe. Die rund 25.000 Evag-Kunden auf der Linie dürfen sich auf die neuen Niederflurfahrzeuge freuen, die zudem pünktlicher verkehren. Da die Kreuzung Helenen-straße spürbar entlastet wird, profitieren auch die Linien 101, 103, 105 und 106. Eine schnellere Trasse, frei von Störungen, das spart Geld: Da die 109 künftig mit einem Kurs weniger auskommen wird, rechnet die Evag mit rund 300.000 Euro weniger pro Jahr für Betriebs- und Personalkosten.

Allerdings muss sich der Autofahrer bis Ende des Jahres in Geduld fassen, sagte Baudezernentin Simone Raskob und bat um Verständnis: „Mit dem Straßenbau werden wir wohl erst Mitte 2015 fertig sein.“ Die Bahnunterführung Frohnhauser Straße/ Ecke Schederhof wird sogar von März bis September komplett gesperrt sein. Da die Stadtwerke auf der Pferdebahnstraße ihren Zeitplan nicht halten können, die Altendorfer Straße zudem bis Mitte des Jahres eine Baustelle bleibt, werden sich Autofahrer im Westen weiter in Geduld üben müssen.