Essen. Essener Verkehrsbetriebe rüsten ab Februar ihren Begleitservice wieder auf. Integrationsverband wünscht sich Ausweitung der Servicezeiten auf Wochenenden und die Abendstunden.

Den Linienfahrplan entziffern, in Busse einsteigen, die losfahren, kaum dass sie angehalten haben und dann auch noch bei voller Fahrt den Rollator verstauen. Für viele Senioren und Menschen mit Gehbehinderung ist die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Herausforderung. „Die ist manchmal so groß ist, dass die älteren Menschen lieber zu Hause bleiben“, weiß Ingeborg Schrader vom Seniorenbeirat Essen. Dass die Evag ihren Begleitservice in Bus und Bahn nun wieder ausbauen will, nimmt die Vorsitzende sehr positiv auf.

18 Mitarbeiter sollen ab Februar Senioren und auch andere hilfsbedürftige Menschen bei Bus- und Bahn-Fahrten durch Essen zur Seite stehen. Angefangen beim Abholservice von Zuhause über die Hilfe beim Lösen des Fahrscheins bis hin zu der Wahl der richtigen Buslinie, unterstützen die Begleiter Bürger im gesamten Stadtgebiet.

"Ein Plus an Service und Sicherheit"

Bereits Anfang des vergangenen Jahres hatte das Evag-Team mit 18 Ein-Euro-Jobbern als Begleitservice-Kräfte aufgetrumpft. Ende 2013 waren davon allerdings nur noch drei Mitarbeiter übrig. Von den durchschnittlich zehn Anfragen pro Tag mussten letztlich über die Hälfte abgelehnt werden. 1500 Einsätze meisterten die EVAG-Begleiter in 2013, über 3000 hätten es sein können. Dies soll sich nun ab Februar ändern. Die neuen Mitarbeiter sind Teilnehmer eines Förderprogramms für Langzeitarbeitslose des Jobcenters. Nach einer zweimonatigen Fortbildung haben sie nun einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag im Rücken.

„Mit dem Begleitservice möchte die Evag den älteren Fahrgästen ein Plus an Service und Sicherheit bieten“, sagt Peter Scharping, Sachgebietsleiter im Kundenmanagement. „Insbesondere in einer Großstadt wie Essen mit ihren vielen Bus- und Bahnlinien und komplexen Tarifgebieten scheuen manche Senioren die Fahrt mit dem ÖPNV. Die Mitarbeiter des Begleitservices stehen diesen Menschen zur Seite und bieten Orientierung, Sicherheit und dadurch die Teilnahme am öffentlichen Leben.“

Service noch zu wenig bekannt

Dass dieses Vorhaben funktioniert, kann Ingeborg Schrader vom Seniorenbeirat bestätigen. „Der Evag-Service ist für Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, wirklich gut. Ich bekomme häufig Rückmeldungen von Senioren, die ihn genutzt haben und wirklich begeistert sind. Viele lassen sich dann direkt von Zuhause aus abholen und zum Arzt oder zu Veranstaltungen begleiten, die sie sonst wohl nie besucht hätten“, erzählt Schrader.

Die Mitarbeiter seien zudem immer unheimlich freundlich und motiviert, so die Rückmeldungen der Senioren. Allerdings habe sie das Gefühl, so Schrader, die gleichzeitig auch Vorsitzende der Senioren Union in Essen ist, dass der Service in anderen Zusammenhängen noch nicht so bekannt sei. „Es wäre schön, wenn noch mehr Menschen davon wüssten und sich trauen würden, ihn zu nutzen“, so die 74-Jährige.

Sicherheitstraining für Senioren

Auch bei Menschen mit Behinderung erfreue sich der Begleitservice großer Beliebtheit, berichtet Christina Schlünder vom Integrationsmodell Essen e.V.. „Unsere Bewohner bedauern es allerdings sehr, dass der Service nur an Werktagen und nur bis 19 Uhr angeboten wird“, so die stellvertretende Geschäftsführerin. Das schränke die Möglichkeit an klassischem Freizeitprogramm teilzunehmen sehr ein. Der Wunsch, den Service auf die Abendstunden und die Wochenenden auszuweiten, sei bereits beim politischen Stammtisch zur Sprache gekommen, so Schlünder.

Begleitservice-Bestellung

Fahrgäste müssen den Begleitservice der Evag mindestens einen Tag vorher telefonisch oder per Fax bei der Servicezentrale bestellen.

Bestellzeit ist an Werktagen zwischen 8 und 14 Uhr. Servicezentrale: 826-4930 oder per Fax: 0201/826-2142

Auch die Duisburger Verkehrsgesellschaft bietet den Service inzwischen seit 2009 an, die Mülheimer Verkehrsgesellschaft seit 2010. Nimmt man alle Zahlen der vergangenen Jahre zusammen, ist der Service insgesamt rund 40 000 Mal in Bereich der Via, dem Verkehrsunternehmen im Revier, genutzt worden.

Für empfehlenswert hält Ingeborg Schrader vom Seniorenbeirat zudem das Verkehrssicherheitstraining der Evag. Das kostenlose „Bus-Training 50+“ bietet Essenern in der zweiten Lebenshälfte Tipps rund ums Bahnfahren und zur Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr. Fahrplanlesen, sicheres Ein- und Aussteigen, Abstellen des Rollators in Bus und Bahn und Festhalten bei einer Vollbremsung stehen auf dem Programm. Das Training wurde gemeinsam mit Pädagogen, Nahverkehrsexperten und Wissenschaftlern der Universität Duisburg-Essen entwickelt. Auch die Verkehrswacht Essen e.V. und die Polizei unterstützen das Bustraining.