Essen-Rüttenscheid. . Bis 2022 müssen alle Haltestellen der Evag nach einer Vorgabe des Bundes für Menschen mit Handicap uneingeschränkt erreichbar sein. Das wird Essen kaum erreichen. In kleinen Schritten geht es in diesem Jahr aber voran – etwa an der Rüttenscheider Cäcilienstraße und vorm Franz-Sales-Haus.
Nach Kanalsanierungen und massiven Straßenerneuerungsarbeiten zwischen den Haltestellen Landgericht und Moltkestraße im vergangenen Sommer müssen sich die Anwohner rund um die Cäcilienstraße ab Juni erneut auf Baustellenstress einstellen: Dann startet die zweite Etappe des barrierefreien Haltestellen-Umbaus durch die Essener Verkehrs AG. Neben dem Austausch von 250 Metern Gleisstrecke wird dann eine so genannte „Kap-Haltestelle“ eingerichtet. Dabei baut die Evag den Gehweg teilweise zum Bahnsteig aus und zieht den Fahrbahnrand unmittelbar an das Gleis heran. So können Fahrgäste direkt in die Bahn einsteigen. Der Umbau wurde im vergangenen Jahr nicht in einem Rutsch erledigt, da die Stadtwerke zunächst die Kanäle austauschen mussten.
Stadtweit gesehen ist die Maßnahme mit Investitionskosten in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro ein Tropfen auf den heißen Stein: Allein von den rund 600 Bushaltestellen in Essen sind mehr als 500 noch nicht barrierefrei umgebaut. Bei den Straßenbahnen sind 20 Prozent von 100 Haltepunkten ohne Einschränkungen, bis 2022 sind weitere 20 in Planung. Besser ist die Quote bei den U-Bahnhöfen: Von 31 Bahnhöfen sind mit Fertigstellung der Umbauarbeiten am Einstieg Messe-Ost Ende Februar 26 auch für gehbehinderte Menschen problemlos zu erreichen. Im Anschluss sollen auch die wichtigen U-Bahnhöfe Philharmonie und Universität in Angriff genommen werden. Die Planung für diese Arbeiten läuft aktuell.
234 Millionen Euro für gesamten Umbau notwendig
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Bei allen Bemühungen wird es die Evag kaum schaffen, die im Personenbeförderungsgesetz vorgeschriebene Frist von Oktober 2022 einzuhalten. Der Gesetzgeber fordert bis zu diesem Zeitpunkt eine hundertprozentige Barrierefreiheit von den Verkehrsbetrieben. In der aktuellen Fortschreibung des Nahverkehrsplans für Duisburg, Mülheim und Essen könnten allerdings auch Ausnahmen benannt werden, für die diese Frist nicht gilt, wie Evag-Sprecher Olaf Frei sagt. 234 Millionen Euro wären laut Evag nötig, um den gesamten Umbau zu finanzieren. Ein Unterfangen, das angesichts des löchrigen Haushalts und der vergleichsweise schmalen Nahverkehrs-Pauschale von 1,14 Millionen Euro im Jahr durch das Land praktisch unmöglich ist.
Immerhin aber tut sich2014 nicht nur bei der Cäcilienstraße etwas. Größtes Projekt ist der erste neue Straßenbahnstrecken-Abschnitt der vergangenen Jahrzehnte: Auf 1,3 Kilometern werden am Berthold-Beitz-Boulevard Gleise für die Linie 109 verlegt. Zudem entstehen ab Juni zwei neue – barrierefreie – Haltestellen am Franz-Sales-Haus. Auch an der Alfred-Krupp-Schule wird ein neuer Bahnsteig gebaut, am Kronenberg errichtet die Evag einen Mittelbahnsteig für die Linien 101, 103 und 105. Die meisten Maßnahmen sollen im Dezember dieses Jahr abgeschlossen werden.