Essen. . Alle Bäume entlang des Mühlenbachs wurden gerodet. Das Gewässer soll renaturiert werden, statt Gestrüpp soll eine liebliche Auenlandschaft entstehen.
Wenn heute im Stadtgebiet Bäume gefällt werden, kommt es reflexartig zu Empörung und Protesten. Jedes Stück Grün, so scheint es, wird verteidigt. So werden auch die aktuellen Fällungen entlang des Mühlenbachs im Walpurgistal von Unmutsäußerungen begleitet. Auf den ersten Blick wirkt der radikale Kahlschlag tatsächlich deprimierend. Aber so soll es ja nicht bleiben. Denn im Zuge der Abwasserrohr-Verlegung wird der Bach renaturiert.
„Was dort gerodet wurde, war zum größten Teil eigentlich nur Wildwuchs, der gar nicht dahin gehört“, sagt Johannes Stoll, Vorsitzender der Bürgerschaft Rellinghausen. Zudem müsse die Fläche entlang des Baches freigemacht werden, damit er in sein natürliches Bett zurückverlegt werden kann. „Wenn man sich alte Luftaufnahmen aus den 1920er-Jahren ansieht, dann erkennt man deutlich, dass das Tal früher längst nicht so zugewachsen war und der Bach durch Wiesen mäandert ist.“ Stoll sieht in dem Kahlschlag eine Chance: „Auf einmal eröffnen sich völlig neue Ausblicke.“
„Das Tal ist viel offener geworden“,
Auch der Ur-Rellinghauser Manfred Arnsmann, dessen Familie seit 1865 im Walpurgistal ansässig ist, hat sich mit der „Kahlaue“ angefreundet. „Das Tal ist viel offener geworden“, sagt der 77-Jährige, der schon als Kind hier Räuber und Gendarm gespielt hat. Vor seiner Haustür entstehe langsam wieder eine liebliche Auenlandschaft, die ihn an das Tal seiner Kindheit erinnere. Die vielen Bäume, so erzählt er, wurden teilweise erst vor 40, 30 Jahren gepflanzt, als der Mühlenbach in sein Betonbett gezwungen wurde. „Wahrscheinlich dienten sie auch als Sichtschutz.“ Aber der sei ja in Zukunft nicht mehr nötig: „Wenn der Bach sich wieder frei entfaltet, dann soll er ja auch gesehen werden.“
„Ich habe nichts gegen Bäume, aber solch eine Auenlandschaft, wie sie hier entstehen wird, fehlt in unserer Stadt“, verteidigt Arnsmann seine Sichtweise. Außerdem könne man sich im Essener Süden nicht über zu wenig Grün beklagen: „Wer in den Wald will, der ist in ein paar Minuten im Stadt- und im Schellenberger Wald.“
Neue Abwasserrohre
Doch bis sich das Walpurgistal wieder in eine Auenlandschaft verwandelt, dauert es noch eine Weile. Laut Planung der Essener Stadtwerke, die hier auf zwei Kilometern Länge neue Abwasserrohre verlegen, wird der Bach erst in drei Jahren, von Mitte 2017 bis Sommer 2018, aus dem Beton befreit. Bis dahin werden die Anwohner und Spaziergänger des Walpurgistales viel Baustellenlärm und -verkehr durch Bagger, Laster und schweres Gerät ertragen müssen.