Essen. Bislang gab es ausreichend Zeit, wenn ein Blindgänger zu entschärfen war. Jetzt müssen Bürger ihre Wohnung auf der Stelle verlassen. Eine neue Regel der Düsseldorfer Bezirksregierung will es so und stellt damit die Essener Behörden vor große Herausforderungen.
Werden Bürger künftig beim Duschen oder Abendessen aufgeschreckt, könnte ein Blindgänger Schuld daran sein: Denn der soll nun noch am gleichen Tag entschärft werden, die Anwohner müssen dafür mitunter binnen Stunden aus ihren Wohnungen weichen, wenn diese in der Gefahrenzone liegen. So will es eine aktuelle Verfügung, die jetzt von der Düsseldorfer Bezirksregierung kommt. Die Forderung darin: unverzügliche Entschärfung.
Bislang hatte das Ordnungsamt für die gesamte Organisation in der Regel zwei bis drei Tage Zeit, um die Gefahrenbereiche festzulegen, Sperrstellen und Evakuierung zu planen sowie Evag, Gasleitungsbetreiber und Luftaufsicht zu informieren. Und die Bürger über das Vorgehen in einem Brief aufzuklären, das per Boten in den Briefkasten landete. „Die Menschen hatten immer noch einen Tag, sich selbst zu organisieren. Das hat wunderbar funktioniert“, sagt Norbert Geldermann vom Ordnungsamt. Das sieht sich nun vor großen organisatorischen und logistischen Herausforderungen.
Aufwand wird erheblich steigen
Es wird für Anwohner keine Information mehr vorab geben. Vielmehr könnten möglicherweise auch Mitarbeiter des Ordnungsamtes von Tür zu Tür gehen müssen und die Anwohner auffordern, ihre Wohnung zu verlassen. Sofort! Beim Fund am Nachmittag, kommen sie mitunter am späten Abend.
Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass sich künftig mehr Menschen in den Sammelstellen wie Schulen und Turnhallen einfinden werden, die dort betreut werden müssen, sagt Geldermann. Denn ließ sich das ältere Ehepaar bisher von den Kindern abholen, werde es dazu keine Zeit mehr geben. Stattdessen wird die Feuerwehr wohl deutlich mehr Transporte übernehmen müssen.
Erhebliche Gefahr durch Bomben
Die Bezirksregierung will von dem strikten Zeitplan nur in wenigen Fällen Abweichungen zulassen, wenn etwa eine zeitaufwendigen Evakuierungen von Krankenhäusern oder Pflegeheimen anstehe, sagt deren Sprecher Sprecher William Wolfgramm. Er erklärt: „Die Verfügung soll dem Eindruck, dass von Bomben mit konventionellen Aufschlagzündern keine unmittelbare Gefahr ausgeht, entgegenwirken.“ Es solle klar gestellt werden, „dass von allen Fliegerbomben – unabhängig vom jeweiligen Zünder – eine erhebliche Gefahr ausgeht“. Bislang galt zum Beispiel bei den gefährlichen Säurezündern sofortiger Handlungsbedarf. Die sind aber die absolute Ausnahme, sagt Geldermann, der die Blindgänger-Funde in Essen auf jährlich fünf bis zehn beziffert.
Wer bei deren Entschärfung künftig welche Aufgaben inne hat und wie hoch der personelle Mehraufwand dafür sein wird, all das werden Stadt, Feuerwehr und Polizei am 14. Februar klären müssen. Fest steht: „Wir müssen die Verfügung umsetzen.“