Essen. Partei-Chef Hilser will keine positive Reaktion auf die OB-Entscheidung bekommen haben. Paß selbst schon.

Kopfschütteln eint die Sozialdemokraten, und die politische Opposition feixt vernehmlich: Reinhard Paß und die SPD – da „würde selbst ein Paartherapeut wahrscheinlich das Handtuch werfen“, stichelte CDU-Fraktionschef Thomas Kufen.

Manchmal ist Trennung die bessere Lösung. Der Schnitt setzt am Tischtuch an: Bei den Genossen an der Basis sorgte die Ankündigung des Oberbürgermeisters tags zuvor gegenüber dem Parteivorstand, bis mindestens 2015 im Amt bleiben zu wollen, für Unverständnis und Absetzbewegungen. Zumindest mit deutlicher Mehrheit: „Keine einzige positive Reaktion“ will jedenfalls Parteichef Dieter Hilser bemerkt haben: „Und ich habe viele Nachrichten bekommen.“ Darunter sei nicht ein Absender gewesen, der Verständnis für die Entscheidung des OB signalisiert habe. Dafür aber eine Botschaft eines Partei-Neumitglieds, das deutlich machte, bislang ein Paß-Fan gewesen zu sein: „Doch jetzt nicht mehr.“ Deutlicher habe Paß es doch nicht machen können, wie wenig er mit der Partei zu tun habe. Parteimensch? Eben nicht. Der sei Paß nie gewesen, heißt die Botschaft.

Wende sei "völlig überraschend"

Dennoch: Bis Ende letzter Woche sei man davon ausgegangen, dass der Oberbürgermeister auf den Parteikurs einschwenke und sich vorzeitig einer Wahl stelle. Die Wende sei „völlig überraschend“ gekommen, sagt Hilser. „Trotzige Stimmung“ war für Anwesende mit Händen zu greifen. Und die Reaktion des amtierenden OB: Die Einmütigkeit der Reaktion im Vorstand habe ihn ins Nachdenken gebracht. Doch da war’s zu spät.

Nun ist ein Haken hinter der Entscheidung, die dem Oberbürgermeister beileibe nicht nur Kritik eingebracht haben soll. Zahlreiche Mitteilungen seien an den OB gegangen, in dem die Absender „aus Partei und Stadtgesellschaft deutlich gemacht haben, dass sie die Entscheidung für richtig halten“, sagte Stadtsprecherin Nicole Mause auf Nachfrage.

Dass Paß nach einem Gespräch mit seiner Ehefrau die Halse vollzog, wird gemunkelt in Parteikreisen. Die Entscheidung sei vielleicht doch eher eine privat motivierte gewesen, heißt es jedenfalls bei denen, die die offizielle Argumentation des OB, sein Amt nicht vorzeitig niederlegen zu wollen, so gar nicht nachvollziehen können: Das Thema Messeertüchtigung werde im Januar entschieden – in die eine oder die andere Richtung. Und die derzeitige Haushaltssituation, die Paß als unvereinbar mit einem „wahlkämpfenden Oberbürgermeister“ sieht, werde 2015 keine wirklich andere als 2014 sein, so Hilser: „Das alles ist natürlich nicht hilfreich mit Blick auf die Kommunalwahl“, die nun weniger haushaltsschonend über die Bühne gehen wird: „Eine extra angesetzte OB-Wahl würde Kosten von fast 200.000 Euro verursachen“, bemerkte Mehrdad Mostofizadeh spitz. Der Grünen-Sprecher hatte Paß vor dessen Entscheidung aufgefordert, dem Vorbild seines Bottroper Amtskollegen nachzueifern.

Paß wählte anderen Weg

Paß wählte den anderen Weg: „Für die Person und für die Funktion halte ich die Entscheidung für falsch“, sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Britta Altenkamp. Das habe sie Paß persönlich mitgeteilt: „Es wird schwierig in den nächsten Monaten eine produktive Zusammenarbeit hinzubekommen.“

Die frühere Parteichefin Elke Esser erteilte aufquellenden Diskussionen über Personalentscheidungen eine gewisse Verlaufsrichtung: „Wer 2015 OB-Kandidat für Essens SPD wird, entscheidet ein Parteitag zu gegebener Zeit.“ Dass Reinhard Paß nach dem Ende seiner regulären Amtszeit noch einmal die nötige Rückendeckung bekommt – das ist unwahrscheinlicher denn je.