Essen. Fast jeder zweite Essener, der zur medizinisch-psychologischen Untersuchung - dem so genannten „Idiotentest“ - muss, wurde mit Drogen am Steuer erwischt. Während ihr Anteil seit Jahren zunimmt, sinken dagegen die Alkohol-Fälle.

Sie wird von Autofahrern belächelt und gefürchtet zugleich: die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) – auch „Idiotentest“ genannt. Sie entscheidet, ob Autofahrer nach dem Entzug der Fahrerlaubnis diese wieder zurückbekommen. In Essen ist die Zahl der MPUs nach Einschätzung der Begutachtungsstellen seit einigen Jahren zwar rückläufig. Aber die Experten haben schon seit längerem einen Trend ausgemacht: Der Anteil der Essener, die zum „Idiotentest“ müssen, weil sie mit Drogen am Steuer erwischt wurden, steigt.

Die Stadt bestätigt: 2012 ordnete die Fahrerlaubnisbehörde 242 MPUs wegen Drogen und 273 wegen Alkohol an. Zwei Jahre zuvor waren es 256 Fälle nach Drogenfahrten gewesen und noch 340 wegen Alkohol. Hinzu kommen Auflagen, wenn Autofahrer zu viele Punkte in Flensburg haben, aber das seien vergleichsweise geringe Zahlen, so die Stadt.

Polizei kontrolliert stärker

Vor sieben, acht Jahren machten Drogen noch unter zehn Prozent bei den MPU aus, sagt Christian Müller, Gebietsleiter beim Tüv Nord. Gründe für die Entwicklung gibt es mehrere: Zum einen sei die Polizei besser geschult, wie sie Autofahrer unter Drogeneinfluss erkennen kann. Sie kontrolliere auch gezielter, so Nina Pollack, Leiterin der Dekra-Begutachtungsstelle in Essen. Zum anderen hätten gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Cannabis & Co. den Alkohol als Gesellschaftsproblem abgelöst. Während also vor allem über 30-Jährige – meist Männer – wegen Trunkenheit am Steuer zur MPU müssen, sind es die 18- bis 30-Jährigen, die mit Drogen erwischt wurden.

Christian Müller hat eine Entwicklung vor allem in jüngster Zeit ausgemacht: Bei der MPU würden immer mehr 30- bis 50-Jährige angeben, dass sie Drogen genommen hätten, um ihre berufliche Leistungsfähigkeit zu steigern. „Das betrifft den Handwerker genauso wie die Krankenschwester“, sagt er.

30 Prozent fallen durch die MPU

Fahren unter Drogen ist generell verboten, anders als beim Alkohol gibt es dafür keine Art „Promille-“Grenze. Nina Pollack weiß aus ihrer Praxis, dass Autofahrer nach dem Drogenkonsum häufig glaubten, sie seien nach ein paar Stunden Schlaf wieder „sauber“. Doch Drogen ließen sich noch bis zu mehreren Wochen nachweisen.

Wer seinen Führerschein wiederhaben möchte, muss über mehrere Monate – teilweise bis zu einem Jahr – seine Abstinenz von Drogen oder Alkohol nachweisen können und erfolgreich ein Gespräch mit einem Psychologen führen. Nur etwa jeder Zweite schafft die MPU, etwa 30 Prozent fallen durch und rund 20 Prozent müssen zu Nachschulungskursen.