Essen. Regisseur David Hermann eröffnet die erste Spielzeit im Aalto-Theater unter der Intendanz von Hein Mulders mit der Verdi-Oper “Macbeth“. Er setzt auf Psychologie statt blutiger Schockeffekte und verspürt eine Woche vor der Premiere große Zuversicht im Bezug auf die anstehende erste Aufführung.
Aalto, Verdi, Hilsdorf: Das war über viele Jahre der vertraute Opern-Dreiklang. Doch mit dem Amtsantritt von Intendant Hein Mulders beginnt auch in der Abteilung Regie eine neue Zeit. Der 36-jährige David Hermann hat die Lust und vielleicht auch ein wenig die Last, die neue Aalto-Ära am 19. Oktober einzuläuten. Mit Verdi natürlich, den man zum 200. Geburtstag mit einem besonderen Werk würdigt: mit „Macbeth“.
Eine Woche vor der Premiere versprüht Hermann nichts als Zuversicht und gute Laune. „Wenn man die erste Position hat in der Spielzeit, hat man auch die Bühne öfter und das ganze Haus ist noch frisch.“ Hermann, der mal als jüngster Regisseur der Salzburger Festspiele reüssierte, der von Bonn bis Basel, von Madrid bis zum Musiktheater im Revier gearbeitet hat, weiß dabei, dass der „Macbeth“ nicht unbedingt der süffige Einstand mit wohliger Romantik und Schönklang der Stimmen ist, sondern düster, schroff und voller scharfer Kontraste. „Ein anspruchsvolles Stück, gesanglich, aber auch psychologisch, voller extremer Charakter, dafür braucht es extrem gute Darsteller.“
Schritte ins Unbekannte wagen
Tommi Hakala und Gun-Brit Barkim werden diese Aufgabe in der Premiere übernehmen. Und trotz all der Toten, die dieses Paar am Ende hinterlässt, ist die Oper für David Hermann auch eine große Liebesgeschichte, ein Beziehungsdrama. Das zwischen Macbeth und seiner machtgierigen Lady. Ein skrupelloses Killer-Paar auf dem Weg zur Macht, gezeichnet von Ehrgeiz und Brutalität, aber auch vom Unglück über das ungeborene Kind. „Wir haben auch die menschliche Seite gefunden, Verdi gibt den beiden auch ganz viel Tiefe. Dem sind wir nachgegangen, mehr als auf blutige Schockeffekte zu setzen. Die Ambivalenz interessiert mich.“
Schminktipps vom Profi
Regisseure müssen Stücke neu denken, damit Oper zum Erlebnis wird. Und Hermann hat diesmal viel Zeit zum Nachdenken gehabt, denn Mulders hat ihn praktisch gleich nach seiner Ernennung zum Aalto-Intendanten verpflichtet. So konnten die Ideen reifen. Beispielsweise die, auf zwei Zeitebenen zu erzählen, zwischen Mittelalter und dem Jahr 1934 , der Zeit zwischen den Weltkriegen. Die Bühne, die er zusammen mit seinem vertrauten Ausstatter Christof Hetzer entwickelt hat, zeigt dabei einen schwarzen, abgebrannten Baumstumpf. Der Wald von Birnam ist tot, so wie der Stammbaum dieser schottischen Schlächtersippe verendet ist. Nichts sprießt hier mehr. Der Rest ist ein tiefer Krater. Tummelplatz für Hexen und sonstige geisterhafte Bühnen-Wesen.
Video wird es auch geben, wobei dieses Medium für Hermann vor allem „präzises Licht“ ist. Er liebt es, in seinen Inszenierungen immer wieder Neues, Unbekanntes zu versuchen. Seine Handschrift soll so vielfältig sein wie die Stücke, er will nicht diesen einen unverwechselbaren Stempel prägen. „Theater ist auch Forschung“, sagt Hermann „man muss Risiken eingehen, sonst kommt man nicht weiter.“