Essen. 25 Jahre Aalto-Theater: Bundestagspräsident Norbert Lammert hält die Oper nicht für überholt, ganz im Gegenteil. Sein Plädoyer für die Kunst und Kultur im Revier bekam viel Applaus vom Festpublikum

Es kommt nicht oft vor, dass politische Zahlenjonglage im Theater beklatscht wird. Aber als Bundestagspräsident Norbert Lammert seine gewohnt souveräne, Zahlen-gespickte, Pointen-sichere und kundige Festrede zum 25-jährigen Jubiläum des Aalto-Theaters am Donnerstag beendet hatte, da war die Zustimmung groß. Kein Wunder, war Lammerts Plädoyer für den Erhalt des reichen kulturellen Angebots im Ruhrgebiet mit seinen Theatern, Konzerthäusern und Opern doch Balsam auf die von Spardebatten und Kürzungsplänen geschundene Kulturschaffendenseele. „Wir brauchen die Oper. Und zwar nicht nur dann, wenn es uns materiell gut geht“, rief Lammert und erinnerte an den vielfach untersuchten Zusammenhang von Kultur und Wirtschaftswachstum. „Kunst und Kultur gehören zu den Pfunden, mit denen die Region im Standortwettbewerb heute wuchern kann.“

Dass selbst Stadtkämmerer, wie Lammert behauptete, im dieser Umgebung manchmal die Zahlen vergessen, konnte Essens Kämmerer Lars Klieve bestätigen: „Ich komme gerne. Aber ich weiß nicht, wie gern ich hier gesehen bin.“ Oberbürgermeister Reinhard Paß hatte das Aalto da schon ein Wahrzeichen des Musiklebens in Essen genannt. Während NRW-Justizminister Thomas Kutschaty an den jahrelangen, steinigen Weg bis zur Aalto-Eröffnung erinnerte. Kutschaty, gebürtiger Essener, war zur Einweihung vor 25 Jahren zwar noch nicht eingeladen, gehörte aber zu den 80 000 Besuchern, die das neue Opernhaus beim Tag der offenen Tür 1988 regelrecht „stürmten“.

In der kulturellen Umlaufbahn

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Dass der Ruhm des Hauses seither maßgeblich mit der glücklichen Wahl seiner Intendanten, Dirigenten und Ballettchefs verbunden ist, wurde nicht nur von CDU-Ratsherr Hans Schippmann, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Theater und Philharmonie, betont. Der mit 16 Amtsjahren dienstlängste Intendant Stefan Soltesz hatte sich aber ebenso wenig unter die städtische Prominenz gemischt wie sein Vorgänger Wolf-Dieter Hauschild. Dafür war Manfred Schnabel, Generalintendant der ersten Stunde (1986-92), nach Essen gekommen, „stolz und glücklich, dieses Haus in die kulturelle Umlaufbahn geschossen zu haben“. Nicht nur Schnabel vermisste bei aller festlichen Wagner-Weihe des Abends aber auch ein bisschen „Beschwingtheit“. Verdi vielleicht, den der neue Hausherr Hein Mulders an den Anfang seiner Intendanz gestellt hat und mit dem auch Regisseur Dietrich Hilsdorf im Aalto reüssiert hat. 19 Inszenierungen in 25 Jahren -- damit hält Hilsdorf den Regie-Rekord im Haus, aber: „Zur Eröffnung vor 25 Jahren, da durften wir damals gar nicht rein.“ Dem Haus fühlt er sich trotz neuer Aufgaben von Köln bis Katar weiter verbunden. „Einmal würde ich noch gern.“