Essen. . Zum Auftakt der Grillo-Spielzeit inszeniert Regie-Altmeister Wolfgang Engel Shakespeares Tragödie „Macbeth“ als psychologisches Kammerspiel. Das Stück voller Blut, Fleisch und wüster Schlachten ist für ihn vor allem ein großes Seelendrama.
Shakespeare hat es im Leben von Wolfgang Engel schon immer gegeben. Nicht in den ganzen, gerade 70 gefeierten Jahren. Aber spätestens, seit er zu DDR-Zeiten anfing zu inszenieren. „Maß für Maß“ war die erste Berührung in Radebeul. Es folgten so manche Umarmung und Auseinandersetzung in Dresden, wo er zu einem der wichtigsten Regisseure im Osten aufstieg, in Leipzig, wo er nach der Wende dreizehn Jahre Intendant war, in Wien oder in Frankfurt.
„Du konntest dich mit seinem Theater zum System ins Verhältnis setzen. Etwas sagen und etwas anderes meinen“, erinnert sich der gebürtige Schweriner. Die Begeisterung für den englischen Dramatiker blieb: „Bei ihm geht es immer um die ganze Welt, von politischen Geschichten bis hin zu privaten. Da kann sich jede Zeit wiederfinden.“ Auch jeder Mensch. Und der steht wie bei allen seinen Inszenierungen im Mittelpunkt.
Ausweglosigkeit und Angst
Nach „Hiob“ am Schauspiel Essen ist es nun „Macbeth“. 1606 in London uraufgeführt gilt diese Shakespeare-Tragödie mit ihren Hexen, Geistern und wandelnden Wäldern als eine seiner düstersten.
Denn sie ist auch Seelendrama eines aufstrebenden Mannes: Angetrieben von einer Weissagung und seiner ehrgeizigen Lady setzt der Feldherr mit dem Griff nach dem schottischen Thron die Ordnung außer Kraft und gerät in eine Spirale von Gewalt und Zerstörung: „,Macbeth’ ist ein einziger Karfreitag. Diese Art von Ausweglosigkeit, diese innere Zerrissenheit - als er über Mord nachdenkt, kommt er aus seiner Angst nicht mehr heraus. Traum und Realität wird zum Albtraum“, beschreibt Engel seine Sicht auf die Figur. „Ich werde ein psychologisches Kammerspiel inszenieren. Es wird keine großen Schlachten geben.“
Das Personal von „Macbeth“
Mit reduziertem Personal wartet Wolfgang Engel in seiner „Macbeth“-Inszenierung auf. Fast alle der zehn Darsteller spielen zwei Rollen. Jens Winterstein ist als Macbeth und Hauptmann, Silvia Weiskopf als Lady Macbeth und Hexe zu sehen.
Die Bühne hat Andreas Jander mit einer wandelbaren Bretterburg nebst „geheimen Türen“, so Engel, versehen.
Die Kostüme von Zwinki Jeannée nennt der Regisseur „geschmackvoll“. Die meisten Schotten tragen auf jeden Fall Rock.
Von Musik lässt Engel seine Arbeit begleiten. Die ist von Tobias Schütte. Gespielt wird sie von Elisabeth Fügemann, einer vierten Hexe am Cello.
Die Premiere (28.9.) ist ausverkauft. Termine: 8122 200
Wolfgang Engel, der klassische Stücke zu schätzen weiß, begegnet der Tragödie mit der Übersetzung des Autors Thomas Brasch. „Sie hält sich eng an das Original und erschien mir die modernste, ohne vordergründig zu sein. Es ist eine sehr politische Fassung“, erklärt er. Dennoch ergeht er sich nicht in Deutungen auf das Heute. „Ich bin damit groß geworden, Geschichten zu erzählen. Und die lese ich aus dem Stück heraus und nicht hinein“, betont der Regisseur.
"Macbeth" als Oper im Aalto
Er meidet Fremdtexte, vertraut wie stets auf die Sprache, die „eine große Sinnlichkeit hat“, und die Akteure: „Ich habe eine grundsätzliche Sehnsucht, dass ein Schauspieler die Fantasie des Zuschauers anregen kann.“ Bei Hauptdarsteller Jens Winterstein, der schon bei ihm in Leipzig groß gespielt hat, ist er sich da sicher.
Wie anregend Shakespeare sein kann, zeigt sich in Essen mit diesem Stoff sogar auf zweifache Art. Parallel zum Grillo-Theater offeriert das Aalto - wohl auch zum anstehenden 450. Geburtstag des Dichters - ebenfalls „Macbeth“. Und zwar als Oper von Verdi. „Schon vom Libretto her ist da eine Unterschiedlichkeit garantiert. Man kann ,Macbeth’ aus verschiedenen Perspektiven sehen“, sagt der Opernfan Engel angetan von der Idee. „Das finde ich klasse.“