Essen. Zwei Jahre nach dem Kauf der alten EON-Ruhrgas-Zentrale ist Ex-Banker Hubert Schulte-Kempers Fakt AG dort „wirtschaftlich aus dem Schneider.“ Auf der Gewerbeimmobilienmesse „Expo Real“ zieht der 67-Jährige ein Zwischenfazit: Von 50.000 Quadratmetern sind gerade noch 8000 frei.

Als er anfing, ziemlich genau zwei Jahre ist das jetzt her, da fassten sich viele an den Kopf: ein Verrückter! Kauft mit einer Handvoll Partnern einen der größten Bürokomplexe der Stadt, tauft ihn Ruhrturm und träumt von der Vermarktung der 935 Büroräume als so eine Art Unperfekthaus für Leute mit beruhigender Schufa-Auskunft.

In diesen Tagen nun, bei der Gewerbeimmobilienmesse „Expo Real“ in München, zieht Hubert Schulte-Kemper Zwischenbilanz – und kann sein triumphierendes Lächeln schwerlich unterdrücken. Denn von den 50.000 Quadratmetern der ehemaligen Eon-Ruhrgas-Zentrale an der Huttropstraße sind gerade noch 8.000 frei. Und nicht eine Idee, die sie seit ihrem euphorischen Start im Oktober 2011 haben einmotten müssen: Es gibt die großen Bürotrakte und die kleinen Botschaften, das Hotel und das Kongresszentrum, die VIP-Lounge und die Bar, die Dienstleister und Seminare, und demnächst auch Wellness und Restaurant, Kindergarten und Youtube-TV-Studio, „Talk im Turm“ und ein Open Air Wellness-Center mit Sensationsausblick aus der 13. Etage.

Vor der Ernte stand das Investment

Und der einzige, der sich noch an den Kopf fasst, ist Schulte-Kemper selbst, wenn er den Erfolg seines Konzeptes erklärt. Dann dreht er die imaginäre Kurbel an seiner rechten Schläfe, „rattatattata“, und versucht zu erklären, warum ausgerechnet ihm, dem ehemaligen Hypothekenbanker, zu einem jahrelang leerstehenden Bürokomplex mehr eingefallen ist als dem ganzen Rest der Branche. „Wo andere erst mal ein Problem sehen, überlege ich an der Lösung“, erläutert er dann und kurbelt noch drei Umdrehungen weiter: „Ich kann das nicht abschalten.“

Nicht, dass ihm und seinen Partnern bei der Fakt AG die Lösungen nur so zuflögen. Vor der Ernte stand das Investment: Allein der Ausbau der Hotel-Etagen hat zwölf Millionen Euro verschlungen; die müssen wieder eingespielt werden, klar doch. Mit maßgeschneiderten Programmen etwa für Patienten der benachbarten Krankenhäuser, mit Tageshotel-Angeboten oder Erlebniswochenenden für Familien, während dem Macher schon die Idee eines hauseigenen Seminar-Campus im Kopf herumspukt und Jochen Schweizer demnächst mehrere Wochenenden hintereinander zum spektakulären „House Running“ an der Ruhrturm-Fassade einlädt.

Der Ruhrturm ist kein Einmal-Projekt

Ihm und seinen Leuten bei der Fakt AG, viele davon aus leitenden Positionen der einstigen Essen Hyp, macht das Spaß. Aber es ist eben auch harte Arbeit, sagt Schulte-Kemper, „und es kostet eine unbändige Kraft“. Der mittlerweile 67-Jährige investiert sie gern, vielleicht, weil er nach der Abwicklung der Essener Hypothekenbank es allen noch mal unternehmerisch zeigen wollte, vielleicht aber auch, weil er nicht geschaffen ist fürs Entenfüttern im Park und Golfspielen, das er eh nicht beherrscht.

Der Einsatz hat sich wohl gelohnt: Statt bei diesem Himmelfahrtskommando eine Bruchlandung zu erleben, kann Schulte-Kemper nun stolz vermelden, dass „wir beim Ruhrturm wirtschaftlich aus dem Schneider sind“, zumal auch für die restlichen Büroflächen schon Verhandlungen mit mehreren Interessenten laufen. Und auch die Wirtschaftsförderer stehen staunend daneben: „Das läuft wirklich gut“, heißt es halb anerkennend, halb ungläubig.

Und es soll weitergehen: „Der Ruhrturm ist kein Einmal-Projekt“. In Bergheim im Rhein-Erft-Kreis schraubt Fakt am 100-Millionen-Euro-Projekt des interkommunalen Wissenschafts- und Gewerbe-Parks „terra nova“ herum, bei dem ein 90 mal 240 Meter großer Komplex von einer gläsernen „Klimahülle“ eingefasst werden soll. Die bezieht ihre Energie aus dem 22 Grad warmen Sümpfungswasser des nahen Braunkohle-Tagebaus, von dem 2.000 Liter pro Sekunde gefördert werden müssen, damit der Tagebau nicht absäuft.

Revitalisierung alter Bergbau-Brachen

Nein, es geht nicht „nur“ darum, einen Haufen Geld bereitzustellen. Es geht Schulte-Kemper darum, seine Kontakte zu nutzen, Kooperationspartner zueinanderzubringen, „da ist immer dieser Vernetzungsgedanke“. Der soll ihm helfen bei der Revitalisierung alter Bergbau-Brachen. Oder ein andermal eine ganz neue Idee der Kommunalfinanzierung in die Welt setzen. Hüben ist der Vertrag „in sechs bis acht Wochen unterschriftsreif“, drüben dauert es noch etwas länger. Aber es wird ein bundesweites Echo bescheren, verspricht Schulte-Kemper. Was auch sonst.

Und auch in Essen hat seine Fakt AG bereits das nächste große Ding ins Auge gefasst: Eine abgenutzte Gewerbefläche in Citynähe will er neu erblühen lassen, in zwei, drei Monaten soll das Vorhaben spruchreif sein. Wieder so ein Thema, bei dem es ihm gelungen ist, seine Partner „zu neuem Unsinn zu verführen“.

Nur diesen einen Plan hat er noch nicht umgesetzt: den vom Kräutergarten auf dem Dach des Ruhrturms.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden.