Essen. Als Reaktion auf Remondis-Vorwürfe zum Geschäftsgebaren der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) tritt dessen Geschäftsführer Kunze zurück. Zeitgleich gibt der als Berater engagierte SPD-Mann Harald Hoppensack sein Ratsmandat auf. Ob die Staatsanwaltschaft in Sachen EBE ermittelt, ist noch nicht entschieden.
Der von der privaten Müllfirma Remondis erhobene Vorwurf eines anrüchigen Geschäftsgebarens bei den Essener Entsorgungsbetrieben ist gerade eine Woche in der Welt, da gibt es bereits erste personelle Konsequenzen:
Geschäftsführer Klaus Kunze – seit rund 55 Jahren in unterschiedlicher Funktion in städtischen Diensten – hat seinen Rückzug vom Chefposten bei der EBE angeboten. Und Oberbürgermeister Reinhard Paß – zugleich Aufsichtsratschef des zu 51 Prozent städtischen Entsorgungs-Unternehmens, wird diesem Wunsch entsprechen. Als Interims-Geschäftsführer ist Andreas Hillebrand im Gespräch, Chef der stadteigenen Grundstücksverwaltung GVE.
Es bleibt bei der Prüfung
Kunzes Rückzug kommt durchaus überraschend, hatte er doch intern zunächst die Losung ausgegeben, im Amt bleiben zu wollen, weil er sich nichts habe zuschulden kommen lassen. Die Kehrtwende kam am Montag in einem Brief an den OB: Dort klagt Kunze, die persönlichen Anfeindungen, denen er und seine Familie sich ausgesetzt sähen, seien „derart massiv und belastend“, er fühle sich so „diffamiert und bloßgestellt“, er sein Amt zur Verfügung stellen wolle.
UmfrageOB Paß zollte dem EBE-Chef für seine Entscheidung Respekt, machte aber deutlich, dass der Rückzug keineswegs die Pläne erledigt, das Geschäftsgebaren der EBE durch einen in jeder Hinsicht unabhängigen Wirtschaftsprüfer mit juristischem Know-how überprüfen zu lassen. Ein entsprechender Beschluss soll morgen von den zuständigen Gremien gefasst werden. Remondis betonte auf NRZ-Anfrage die Nichtöffentlichkeit der Debatte und ließ wissen, man wolle sich „bis auf Weiteres zu den Vorgängen bei der EBE und den jüngsten Entwicklungen nicht äußern“.
Ob am Ende die Staatsanwaltschaft offiziell Ermittlungen einleitet, ist ebenfalls noch nicht entschieden. Die Behörde hat die Remondis-Briefe mit den detaillierten Vorwürfen offiziell im Rathaus angefordert, die Polizei habe den Vorgang auf dem Tisch, sagte Staatsanwalt Rainer Kock, stellvertretender Behördensprecher, der NRZ: „Das sind sensible Ermittlungen“. Ob ein Verfahren eingeleitet wird, entscheide sich voraussichtlich in etwa einem Monat.
Harald Hoppensack (SPD) gibt sein Ratsmandat zurück
Für den zweiten Rücktritt im Fall der Entsorgungsbetriebe sorgte SPD-Ratsherr Harald Hoppensack: Dass er mit einem freihändig vergebenen Beratervertrag bei der EBE allein im Geschäftsjahr 2012 über 210.000 Euro abgerechnet haben soll, stieß in Teilen der SPD-Ratsfraktion auf harsche Kritik. Hoppensack reagiert nun durch den Rückzug aus dem Stadtparlament und allen Aufsichtsräten, weil er „frei sein“ wolle, sich „gegen unberechtigte und falsche Anschuldigungen zu wehren, obwohl ich mir nichts vorzuwerfen habe“. In der Ratssitzung, in der Kulturexperte Hannsjürgen Spieß als Nachfolger vereidigt wurde, stand gestern aber vor allem OB Paß als EBE-Aufsichtsratschef in der Kritik. Doch sämtliche Fragen nach seiner (Mit-)Verantwortung, ob er den noch bis Ende 2014 laufenden Hoppensack-Vertrag kannte und ob dieser nun auf Eis gelegt wird, ließ der OB unbeantwortet.