Essen. Überall in Essen dürfen Wirte nun im Winter Tische rausstellen – für die Raucher. Die Stadt lässt sich diesen Service bezahlen. Ein Freibrief ist die Erlaubnis nicht: Das Aufstellen bleibt genehmigungs- und gebührenpflichtig. Letzteres trifft bei Gastronomen auf Unverständnis.
Das Rauchverbot, der Zwist um klimaschädliche Heizpilze und immer wieder neue Gebühren für dies und das – Christiane Behnke, Wirtin im „Alt-Krayer Gasthaus Budike“ geht das, was in Berlin, Düsseldorf und Essen diskutiert und beschlossen wird, oft zu weit. Sie ist Vorsitzende beim Essener Dehoga, dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband.
Seit in NRW das absolute Rauchverbot in der Gastronomie gilt, würden fast 30 Prozent der hiesigen Schankbetriebe über Umsatzeinbußen klagen, „vor allem die kleinen Kneipen“, so Behnke. Für viele rentiere sich der Betrieb nicht mehr, „sie machen dicht“. Der Anstieg bei den Energiekosten, die Gebührenlast und der Personalaufwand machten es den Gastronomen nicht leicht. Trotz allem freut sich Behnke über einen Antrag, den der städtische Bau- und Verkehrsausschuss jetzt beschlossen hat: Er ermöglicht auch im Winter Außengastronomie und das stadtweit. Doch dabei möchte die Stadt mitverdienen.
Stehtische reichen nichts aus
Bislang wurde eine so genannte „Sondernutzungserlaubnis“ für eine Außengastronomie im gesamten Stadtgebiet nur saisonal von Frühjahr bis Herbst erteilt. Einzige Ausnahme: die fußläufige Innenstadt. Für diejenigen, die andernorts ausschenken, ein Problem. „Durch die Änderungen des Nichtraucherschutzgesetzes gab es zuletzt erhebliche Wünsche der Gastronomen, ihren rauchenden Gästen ganzjährig Sitzgelegenheiten im Freien anzubieten“, heißt es im Antragstext. Denn die Gesetzesänderung bescherte der Stadt zahlreiche Anträge und Rückfragen.
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Zunächst hatte sie vermehrt Stehtische genehmigt, weil sie weniger Platz auf der Straße wegnehmen. Das reichte den Gastronomen jedoch nicht aus, weil sie ihre Gäste auch vor Wetter und Kälte schützen wollen. Deshalb gab es im vorletzten Winter ein Pilotprojekt in Rüttenscheid mit 20 Gastronomen. Die Stadt schaute dabei genau hin, dass sie mit ihren Außentischen nicht alles zubauten und vor allem keine Heizpilze aufstellten. Diese seien zwar erlaubt, aber in Essen nicht gerne gesehen. „Es gab keine Beschwerden, und die Resonanz war positiv“, bewertetet Amtsleiter Dieter Schmitz den Rüttenscheider Testlauf damals. Was folgte, war ein einjähriger Probebetrieb überall in der Stadt und nun der lange erwartete positive Beschluss.
„Denn für viele Wirte ist es im Winter mittlerweile existenziell wichtig, ob sie einen Standascher, ein paar Stühle und Tische vor die Tür stellen dürfen“, betont Behnke. Ein Freibrief ist der Beschluss nicht: Das Aufstellen bleibt genehmigungs- und gebührenpflichtig. Letzteres trifft bei der Dehoga-Vorsitzenden auf Unverständnis: „Dass die Stadt eine zusätzliche Gebühr erhebt, beutelt die Gastronomen doppelt.“ Zwischen 1,60 Euro und 5 Euro (siehe Box) pro genehmigtem Quadratmeter und Monat müssten die Wirte an die Stadt zahlen. Behnke: „Sie haben ohnehin schon Einbußen, wenn ihre Kunden draußen vor der Tür stehen, rauchen und nichts in dieser Zeit trinken oder verzehren.“ Das Resultat kennt sie aus ihrem eigenen Gasthaus im Osten der Stadt: Am Tresen ist weniger los, „und es gibt eine wahnsinnige Unruhe, weil ständig jemand rein- und rausrennt.“
Bereits 50 Anträge bei der Stadt gestellt
Waren es vergangenen Winter 20 Anträge, die bei der Stadt eingingen, haben für die bevorstehende kalte Jahreszeit bereits 50 Gastronomen eine Sondererlaubnis beantragt. „Für uns ist das perfekt“, heißt es etwa bei „Schichtbetrieb“ an der Rüttenscheider Straße. Auch dort standen vergangenen Winter Tische vor der Tür. Im Sinne der städtischen Sondernutzung beginnt dieser am 1. November. Problematisch bleibt die Situation bei Betrieben, die mit Stühlen und Tischen auf Parkplätze im öffentlichen Raum ausweichen wollen. Dies würde auch künftig nicht erlaubt, doch es gibt Spielräume für die jeweilige Bezirksvertretung. „Zur Regel soll das Prozedere aber nicht werden“, heißt es aus dem Baudezernat. In jedem Fall müssten die Anwohner ebenso zustimmen. Denn Rauch vorm eigenen Fenster wolle nun mal nicht jeder haben.
Wer einen Gastronomiebetrieb betreibt, muss mit Gebühren rechnen
3000 Gastronomiebetriebe gibt es in Essen, davon 2200 die eine Erlaubnis für den Alkoholausschank haben. Für die Übernahme einer bestehenden Gastronomie werden dem Kneipier 500 Euro und für die vorläufige Erlaubnis 80 Euro in Rechnung gestellt. Meldet er einen neuen Betrieb an, zahlt er 700 Euro plus weitere 130 Euro, die zusätzlich im Genehmigungsverfahren zu zahlen sind. Wer eine Außengastronomie betreibt – im März diesen Jahres waren es 380 Betriebe – muss je nach Lage eine monatliche Gebühr pro Quadratmeter entrichten: 5 Euro im Innenstadtkern, auf dem Kennedyplatz, der Kettwiger und Limbecker Straße, 3,20 Euro in den Mittelzentren (Steele, Borbeck und Rüttenscheid) und 1,60 Euro im Rest der Stadt. Aber es gibt noch weitere Gebühren, nachzulesen in einer eigenen Gebührenordnung