Essen. Die Gewerkschaft IG Metall zog am Freitag mit Protestplakaten vor den Lkw-Reparaturbetrieb BTS in der Econova Allee und prangerte damit die Arbeitsbedingungen an. Ein Beispiel dafür, wie die Gewerkschaft derzeit versucht, verlorenes Terrain im Kfz-Handwerk zurückzuerobern.
Econova Allee, Freitag, 10 Uhr. IG-Metall-Sekretär Alfons Rüther telefoniert kurz mit seinem Kollegen in Dortmund. Von dort kommt das Signal: „Wir stellen jetzt die Schilder auf!“ Zeitgleich in Essen und Dortmund klappen IG Metaller vor Betriebsstätten der BTS GmbH Papptafeln auf. In roten Lettern können Vorbeifahrende lesen: „Hier beginnt die Sparzone, hier spart man am Lohn“. Und: „Hier ist der Kunde König und der Mitarbeiter Bettler.“
Die Sprüche, mit denen die Gewerkschaft die Arbeitsbedingungen bei dem Lkw-Servicebetrieb anprangern will, sind provokativ. Rüther wirft der Firma vor, Arbeitszeiten und Löhne weit unter dem Niveau des IG-Metall-Tarifs zu zahlen. Die Gewerkschaft will Hinweise darauf haben, dass BTS-Mitarbeiter eine 44 Stundenwoche in den Arbeitsverträgen stehen haben. Der IG-Metall-Tarif sieht 36,5 Stunden vor. „Das ist wettbewerbsverzerrend“, sagt Rüther und verweist auf die Konkurrenz in der Nähe, die mit der IG Metall Haustarifverträge abgeschlossen hat.
Kleiner Infostand an der Straße
Rüther hat an der Straße einen Informationsstand aufgebaut – einen Stehtisch und darauf fein säuberlich Kugelschreiber und Broschüren mit den ausgehandelten Tarifbedingungen im Kfz-Handwerk ausgelegt. „Wir haben die Taktik geändert. Früher haben wir versucht, Mitarbeiter in den Betrieben zu organisieren, um Tarifverhandlungen zu erreichen“, sagt er. Aber in Betrieben, wo Mitarbeiter eingeschüchtert würden, funktioniere das nicht.
Doch die Aktion ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die IG Metall im Kfz-Handwerk verlorenes Terrain zurückerobern will. Im Juni hatte der Landesverband des Kfz-Gewerbes die Tarifgemeinschaft platzen lassen, seither kann die IG Metall nur noch Haustarifverträge abschließen, weil ihr ein Verhandlungspartner für die Fläche fehlt.
Gewerkschaft: Ziel erreicht
Eine halbe Stunde etwa sind Rüther und seine Kollegin Agnes Wiatrak am Informationsstand unter sich. Dann kommt Martin Dreiner hinzu. Er ist Betriebsleiter bei der BTS und Betriebsrat. Er sei angesichts der Vorwürfe überrascht, sagt er. Man habe in den vergangenen drei Jahren die Arbeitszeit der Mitarbeiter um zehn Prozent gesenkt und gleichzeitig die Löhne erhöht.
Im Schnitt arbeiteten die Mitarbeiter nun 40,6 Stunden pro Woche. Auch beim Urlaub habe man etwas getan. Von unfairen Bedingungen könne keine Rede sein. Firmenchef Andreas Berndmeyer bestätigt zwar, dass BTS keinen Tarifvertrag habe. „Aber das heißt ja nicht, dass wir hier Sklaverei betreiben.“ Für Gespräche mit der Gewerkschaft sei man aber offen. Rüthers Fazit: Ziel erreicht.