Essen. Das Geschäft auf den Wochenmärkten geht zurück. Der Vorsitzende des Verbandes Johannes Schandelle will die Werbung ankurbeln und fordert deshalb eine Werbepauschale, die die Stadt von den Händlern einziehen soll. Die sagt: Das geht nicht.

Am Sonntag, 25. August, wird Essen zum Treffpunkt der Markthändler. Die Fachmesse „Mein Wochenmarkt“ findet in der Messe statt. Für den Essener Verbandsvorsitzenden Johannes Schandelle der ideale Marktplatz, um auf die Nöte seiner Zunft in der Stadt aufmerksam zu machen.

Die Sorgen, die den 81-Jährigen umtreiben, sind groß. Die Besucherfrequenz auf den Märkten nimmt ab, „weil uns die älteren Leute wegsterben“, weiß Schandelle, der seit 60 Jahren Markthändler in Essen ist. Noch seien die Umsätze „erträglich“, aber wie lange noch?

Doch nicht nur die Stammkundschaft wird weniger, auch die festen Händler, weil der Nachwuchs fehlt. Gab es früher allein in Rüttenscheid noch rund 70 Marktverkäufer allein für Obst und Gemüse, sind es heute vielleicht noch 15 bis 20, sagt Schandelle. Dagegen nehme die Zahl der fliegenden Tageshändler ohne festen Platz zu. Beobachter sehen in dieser Entwicklung übrigens auch eine Ursache dafür, warum die Qualität der Märkte in der Stadt abnimmt.

26 Wochenmärkte in Essen

In Essen gibt es derzeit 26 Wochenmärkte. Sie gehören zur traditionellen Stadtkultur – noch. Denn die meisten Märkte erleben seit Jahren Rückgänge. Eine, die das ebenfalls mit Sorge beobachtet, ist Christa Kroll. Die 68-Jährige stand bis vor fünf Jahren auf dem Rüttenscheider Markt, musste allerdings krankheitsbedingt aufgeben. „Mein Mann war heute in Burgaltenaltendorf auf dem Markt. Da gab es ganze fünf Stände. Traurig ist das“, erzählte sie gestern.

Zehn Prozent weniger Einnahmen

Auch die Stadt spürt die Rückgänge: Die Zahl der festen Vertragshändler ist in den vergangenen fünf Jahren von 300 auf 228 zurückgegangen, so Wolfgang Fröhlich, Geschäftsführer der städtischen EVV Verwertungs- und Betriebs GmbH (EVB), die für die Organisation der Wochenmärkte zuständig ist. Die Einnahmen der Stadt aus Marktgebühren hätten seit 2009 um zehn Prozent auf 1,2 Millionen Euro abgenommen.

Johannes Schandelle sieht vor allem einen Weg aus der Misere: „Wir müssen mehr Werbung für die Märkte machen.“ Er fordert, dass die Stadt über die Gebühren einen zusätzlichen Obolus für Werbung einnimmt, so dass sich alle Händler gleichermaßen daran beteiligen. Früher hätten das nur die Mitglieder der Werbegemeinschaft gestemmt, doch das sei ungerecht gewesen.

46 Märkte pro Woche

In Essen gibt es 26 Wochenmärkte und 46 Veranstaltungen jede Woche. Viele Märkte haben auf die veränderten Einkaufsgewohnheiten ihrer Kunden reagiert und ihre Öffnungszeiten am Nachmittag ausgedehnt – nicht überall jedoch mit Erfolg.

Die Essener Märkte und Öffnungszeiten im Überblick:
www.wochenmaerkte-essen.de

Die Stadt hat den Vorschlag juristisch prüfen lassen und zieht sich nun auf ihre Rechtsposition zurück: Geht nicht. „Ich darf keine Werbeeinnahmen über die Gebühren einziehen“, so Fröhlich. Er warnt zudem vor weiteren Preissteigerungen: Mancher Händler drehe bereits jetzt jeden Euro um. „Da brauche ich mir nur unser Mahnwesen anzusehen.

Der Ansatz der Stadt, die Händler zu fördern, sei ein anderer: „Wir bieten ihnen ein Rund-um-sorglos-Paket, kümmern uns um Müll,Reinigung, Wasser, Toiletten und ab kommendem Jahr auch um die Stromabrechnung.“ In Sachen Werbung spielt Fröhlich den Ball an Schandelle zurück. Erstmal müssten sich die Händler auf ein gemeinsames Werbekonzept einigen. „Da sehe ich den Verband in der Pflicht.“ Erst dann wisse man, wie teuer das werden würde. Für Christa Kroll steht indes fest: „Früher haben wir Händler uns zusammengesetzt, und überlegt, was wir machen. Das funktioniert aber heute nicht mehr.“

Streitpunkt Parkplätze 

Das Thema Werbung ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen Marktsprecher Johannes Schandelle und der Stadt. Auch die häufig herrschende Parkplatznot rund um die Märkte treibt Händler wie Schandelle um.

Er möchte, dass das städtische Ordnungsamt härter und vor allem regelmäßig durchgreift, wenn Markthändler die ohnehin raren Parkplätze rund um die Wochenmärkte schon am Morgen zuparken und damit potenzielle Kundenparkplätze belegen. Wer sich nicht an die Regeln halte, müsse dies stärker spüren. „Solche Händler schädigen den Markt“, sagt Schandelle und sieht somit auch die Interessen der Stadt berührt.

EVB-Geschäftsführer Wolfgang Fröhlich sagt dagegen, dass dies nicht seine Aufgabe sei. „Wir haben, wo es ging, mehr Parkplätze für Kunden wie auch Händler geschaffen und können nur dafür werben, dass Händler die Kundenparkplätze nicht zuparken.“ Die Kontrolle der Parkflächen sei eine hoheitliche Tätigkeit.