Essen. . Käse-Fachhändler Uwe Kleinekathöfer braucht nur drei Kilometer bis zum Rüttenscheider Markt. Die aber darf er mit seinem Spezial-Transporter, der gleichzeitig als Lager dient, bald nicht mehr fahren. Umrüsten ist technisch unmöglich, ein Neuwagen zu teuer. Ein Fallbeispiel, wie die Umweltzone ruinieren kann.
Wenn Uwe Kleinekathöfer einen schönen Oldtimer sieht mit der typisch riechenden „Fahne“ uralter Benzinmotoren, dann versteht er manchmal die Welt nicht mehr. Jeder Oldtimer-Besitzer darf per Sondergenehmigung so lange und so oft durch Essen fahren wie er will, die dabei entstehende Umweltbelastung nimmt der Gesetzgeber aus kulturellen Gründen hin. Hingegen darf Markthändler Kleinekathöfer mit seinem alten Fiat Ducato-Transporter bald nicht mal mehr die drei Kilometer von seinem Zuhause zum Rüttenscheider Markt und zurück fahren. Für die einen geht’s um Freizeitspaß, der ihnen gegönnt sei. Für den Käse-Fachhändler und Familienvater geht es um die Existenz. „Passt irgendwie nicht zusammen“, findet er.
„Ich bin ein extremer Fall, aber nicht der einzige Betroffene“
Rüttenscheid ist Umweltzone, und für Autos mit roter Plakette ist dort bald endgültig Schluss. Kleinekathöfer trifft das besonders hart. Umrüsten? „Der Tüv hat es mir schriftlich gegeben, dass das technisch nicht geht.“ Neues Fahrzeug kaufen? „Das würde 100 000 Euro kosten, das Geld habe ich einfach nicht.“ Warum das so teuer ist? Sein Fiat, Baujahr 1996, ist eine Spezialanfertigung, dient gleichzeitig als rollender Marktstand und als Dauerlager mit Kühlvorrichtung. Die Temperatur des Käses und der Milchprodukte darf nur minimal schwanken, auch ist es Kleinekathöfer nicht möglich, nach jedem Markttag die Ware aus- und am nächsten Tag wieder einzuräumen. „Bei meiner Waren-Fülle unmöglich.“ Ohne ein solches Auto also kein Marktgeschäft - so einfach sei das. „Und ich bin vielleicht ein extremer Fall, aber nicht der einzige Betroffene.“ Die Umweltzone mache die Wochenmarkt-Kultur, die ohnehin unter Druck steht, weiter kaputt.
Auf der kurzen Fahrt käme ein Filter gar nicht auf Betriebstemperatur
Dann rechnet er noch mal vor, um was es hier geht: „Nicht um ein Taxi oder ein Handwerkerauto, mit dem Hunderte Kilometer pro Tag gefahren werden, da kann ich’s ja verstehen.“ 19 000 Kilometer hat der Fiat auf dem Tacho - im Schnitt also etwas mehr als 1000 pro Jahr. „Der Witz ist: Selbst wenn ich einen neuen Filter einbauen könnte, würde der auf den drei Kilometern pro Fahrt gar nicht die nötige Betriebstemperatur erreichen.“ Für die Umwelt bedeute das nicht weniger, sondern mehr Belastung.
„Es muss doch jemand einsehen, dass ich ein spezieller Sonderfall bin“
Pech für Uwe Kleinekathöfer, dass Umweltgesetze und gesunder Menschenverstand mitunter zwei paar Schuhe sind. Die Stadt, für die Exekution der Zonenregeln zuständig, zieht sich jedenfalls auf ihr Regelwerk zurück. Sie hat dem Händler schon mitgeteilt, dass zum 1. Januar 2015, wenn erneut Verschärfungen in Kraft treten, keine weitere Verlängerung seiner Ausnahmegenehmigung möglich ist. „Es muss doch einer einsehen, dass ich ein spezieller Sonderfall bin“, meint Kleinekathöfer fast verzweifelt. Danach sieht es nicht aus. Als er dem städtischen Mitarbeiter aufzeigte, dass er ohne neue Sondergenehmigung sein Geschäft aufgeben und mitsamt Familie dann eben Hartz IV beantragen müsse, habe er nur Schulterzucken geerntet.
Uwe Kleinekathöfer hätte dann viel Zeit, um zum Beispiel die in Rüttenscheid recht zahlreichen Oldtimer-Rallyes zu besichtigen. Umweltschutz absurd.