Essen. 12,4 Millionen Zigaretten, ein Luxus-Auto und jede Menge Bargeld: Die Beute eines Schmuggler-Quintetts aus Gladbeck, Essen und Polen war riesig. Das dachte auch der Essener Zoll und nahm die Bande nach einem halben Jahr Observation fest. Der Prozess nun soll aber deutlich schneller zu Ende gehen.

Hoch professionell und streng arbeitsteilig soll eine Gruppe von fünf Männern aus Essen, Gladbeck und Polen insgesamt 12,4 Millionen Zigaretten am Zoll vorbei nach Gladbeck geschmuggelt haben. Seit Dienstag steht das Quintett vor der I. Strafkammer am Landgericht Essen. Es soll rund 1,8 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben.

An Nichtraucherschutzgesetzen stören sich Zigarettenschmuggler nicht, ebenso wenig kümmern sie Steuergesetze. Wichtig ist die Logistik, und die funktionierte bei vier Lieferungen der unversteuerten Zigaretten Getarnt als Autohandel operierte die Gruppe laut Anklage mit einem weit lukrativeren Gut: gefälschte Zigaretten der Marke L&M.

62.000 Stangen geschmuggelt

Allein seit Oktober 2012 sollen 62.000 Stangen Zigaretten von Polen nach Deutschland geschmuggelt worden sein. Deponiert wurde die Ware in Gladbeck auf dem Gelände eines deutschen Autohändlers. Er soll über die illegalen Geschäfte Bescheid gewusst haben. Ein auf dem Firmengelände abgestellter Lkw war laut Anklage der verschwiegene Lagerplatz. Von dort fanden die Zigaretten ihren Weg auf den Schwarzmarkt.

Der 51 Jahre Zygmunt C. aus Essen soll noch einen weiteren Lieferweg genutzt haben. Unabhängig von den anderen Angeklagten soll er zu einem Trödelmarkt in Essen gegangen sein. 110 Stangen unversteuerter Stangen Zigaretten soll er dort eingekauft und mit einem Aufschlag weiterverkauft haben. Mit 3.200 Euro hört sich der Steuerschaden in diesem Punkt eher bescheiden an.

Mitte vergangenen Jahres hatten die Ermittler von den Aktivitäten erfahren. Im Auftrag der Essener Staatsanwaltschaft hatte das Zollfahndungsamt Essen eine Ermittlungskommission „Gruga“ eingerichtet und die Gruppe observiert. Insgesamt vier Fahrten von Polen nach Gladbeck bekamen die Fahnder mit. Am 16. Oktober kamen 8.000 Stangen Zigaretten ins Land. Am 21. November, 11. Dezember und 11. Februar folgten jeweils 18.000 weitere Stangen.

Luxusauto, 3,2 Millionen Zigaretten und 35.000 Euro Bargeld

Das reichte, um den Zugriff zu wagen. Ende Februar schlugen die von Spezialeinsatzkräften der Essener Polizei unterstützten Zollfahnder zu. In Essen und Gladbeck nahmen sie die fünf Angeklagten, 29 bis 50 Jahre alt, fest, durchsuchten deren Wohnungen und Firmen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: ein Luxusauto, 3,2 Millionen Zigaretten und 35.000 Euro Bargeld.

Zum Prozessauftakt machte Richter Edgar Loch den Angeklagten direkt ein Angebot, nachdem Staatsanwalt Hans Joachim Koch die Anklage verlesen hatte. Er sicherte Strafen zwischen eineinhalb Jahren sowie drei Jahren und drei Monaten Haft zu, je nach Angeklagtem. Bedingung dafür sollte ein Geständnis im Sinne der Anklage sein. Angesichts der klaren Beweislage stimmte der Gladbecker Autohändler dem Angebot der Kammer zu. Die übrigen Angeklagten wirkten zwar nicht ablehnend, wollen sich aber erst am nächsten Prozesstag zu dem Vorschlag äußern.