Essen. . Wie „Marco-Eis“ sein hausgemachtes „Gelato“ täglich unter die Essener bringt, warum der Preis pro Kugel variabel, und wer eigentlich dieser Marco ist, verrät der Eismann auf seiner Zehn-Stunden-Tour

„Ciiiiaao, Amigooo!“ hallt es durch die Straßen Katernbergs. Und nicht nur durch die unverwechselbare musikalische Untermalung weiß hier, im tiefsten Norden der Stadt, eigentlich jeder, wer gleich um die Ecke gebogen kommt: Gaspare Terrana. Besser bekannt als „Marco-Eis“-Mobil – und zwar seit über 30 Jahren. Wie viel Liter hausgemachtes „Gelato“ er täglich damit unter die Essener bringt, warum der Preis pro Kugel bei ihm variabel, und wer eigentlich dieser Marco ist, verrät der Eismann auf seiner ganz normalen Zehn-Stunden-Tour in der Hochsaison.

Von „Dolce Vita“ weit entfernt

Er lebt für seinen Job, er versüßt etlichen – nicht nur durch seine Eiskreationen – die Mittagspause. Doch von „Dolce Vita“ lebt der Vollblut-Italiener weit entfernt. Wenn Gaspare Terrana morgens gegen 11 Uhr aus seinem Eislabor kommt, hat er schon fünf Stunden geschuftet und rund 25 Anrufe verpasst. „Bei dem Wetter ist die Hölle los“, erklärt Terrana zwischen zwei Telefonaten, „einfach jeder will Eis.“ Vor allem Firmen bestellen die mobile Abkühlung für die Mittagspause, die täglich frisch zubereitet wird. In seinem 50 Quadratmeter großen Eislabor am Plänkerweg steht er zusammen mit Bruder Giuseppe täglich ab sechs Uhr.

Zentnerweise Zucker, Eigelb, zig Liter Milch und Sahne müssen zunächst in der Maschine auf 85 Grad erhitzt werden, bevor daraus kühle Leckereien werden. Frisches, eingelegtes und Tiefkühl-Obst, sämtliche Soßen, Schokolade und andere „original italienische“ Zutaten lagern auf rund 100 Quadratmetern nebenan. Was am Ende in welche Eissorte gehört, „ist natürlich großes Familiengeheimnis“, so Terrana. Ein Geheimnis ist übrigens nicht, dass Chef Terrana nicht nur fährt, sondern auch fahren lässt: Insgesamt acht „Marco-Eis“-Wagen düsen durch die City: Einen fährt Terrana, einen seine Tante und einen sein Angestellter Toni – die restlichen fünf sind Subunternehmer mit Marco-Eis-Ware.

"Ich fahr keinem in die Tour"

Sobald die Gebrüder Terrana also all’ ihre Wagen mit je rund 300 Liter Eis bestückt haben, muss auch Gaspare Terrana seine Tour starten. Wohin geht’s? „Eigentlich“, holt der 42-Jährige aus, „darf ich ja fahren, wo ich will.“ Sein Onkel, der sagenumwobene, mittlerweile 70 Jahre alte „Marco“, der habe damals in den Siebzigern ja als einer der ersten in dem Geschäft angefangen. Er sei das Original, zumindest im Essener Norden. Daher habe „Marco-Eis“ seine Stammkundschaft rund um Altenessen, Karnap und Katernberg, eine feste Tour, jeden Tag.

Zum gefühlt 28. Mal klingelt das Handy: „Nein, tut mir leid, das ist nicht meine Ecke.“ Terrana lehnt ab, als die Firma aus Kray für 13 Uhr anfragt. Das sei eine Sache der Ehre: „Ich fahr keinem in die Tour“, so der 42-Jährige. So fair würden zwar nicht alle in seinem Geschäft handeln, aber das mache ihm nichts: „Meine Stammkunden nimmt mir niemand weg, die warten auf ihr Marco-Eis“, ist er sich sicher.

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28 Sorten zu (meistens) 70 Cent

Und wenn er seine tägliche Tour abfährt, bleiben daran auch keine Zweifel: Als seine Melodie, ein vom Tonband gedudeltes „O sole mio“, am Mittag das Firmengelände von „Triple Z“ an der Katernberger Straße beschallt, braucht es keine dreißig Sekunden, bis die Ersten aus ihren Häusern, Büros und Werkstätten kommen.

Auf die warten 28 verschiedene Sorten Frucht- und Milcheis für je 70 Cent (im Stadtgebiet Essen, außerhalb auch mal 80 Cent). Auch Lactose-Intolerante und Veganer werden bei ihm fündig, „die dürfen sich bei mir wie auf der Weide fühlen“, lacht der Sizilianer. Dann heißt es aber im Minutentakt: „Ciao, wie geht’s?“ – „Gut, ein Schoko-Becher, wie immer.“ Small Talk gehört dazu, „Schon wieder eine neue Frau?“, scherzen zwei junge Mitarbeiterinnen. Als Italiener ist Terrana natürlich um keinen Spruch verlegen: „Keine Sorge, euch bleibe ich treu.“

Eisdiele schließt für sechs Wochen im Winter

Was so locker erscheint, ist aber auch ein Knochenjob, je besser das Wetter desto härter. Der Eiswagen heizt sich an warmen Tagen innen bis zu 40 Grad auf. Bis 22 Uhr fahren, freundlich bleiben, Eis verkaufen, das entspricht nicht gerade der romantischen Vorstellung des gemütlichen Eismanns. „Pro Saison nehme ich so 15 bis 20 Kilo ab“, sagt Terrane. Ein Sommertag hat bei ihm schonmal 16 bis 18 Stunden, ohne große Pausen. Erst im September, wenn das Wetter schlechter wird, geht für Gaspare die Saison zu Ende – zumindest die mobile.

Denn seine Eisdiele in Katernberg, die schließt nur für etwa sechs Wochen im Winter. Dann verreist der 42-Jährige „nach Hause“, nach Sizilien, obgleich er in Saarbrücken geboren und in Deutschland aufgewachsen ist. 1996 kam der gelernte Steuerfachgehilfe nach Essen, seine Eltern hatten darauf bestanden, dass er etwas „Gescheites“ lernt. Vor zehn Jahren übernahm er dann das Geschäft von Onkel Marco, und kann sich, auch wenn's ein hartes ist, wohl nichts anderes vorstellen.

So wird er weiter Tag für Tag durch seinen Block fahren, die Leute begrüßen und sie mit seiner Eis-Melodie anlocken. Die ist übrigens abends eine andere als morgens, denn, was durchaus zu bezweifeln wäre, „mich erkennt ja sonst keiner.“