Essen. Obwohl seine Ehefrau ihn vor Jahren mit siedendem Öl überschüttet hatte und sein eigener Bruder ihm ein Messer in den Körper stach, gibt der 39-Jährige keine Ruhe. Vor dem Amtsgericht Essen musste er sich verantworten, weil er seine eigene Familie bedroht haben soll. Wieder einmal.

Mit siedendem Fett überschüttete ihn seine Frau vor Jahren, mit einem Messer attackierte ihn sein Bruder. Und dennoch sucht der 39-jährige Essener weiter den Kontakt zu seiner Familie, bedroht sie. Jetzt stand er wieder vor Gericht.

Ruhe ist nicht eingekehrt in der Familie, seit dem Drama im Jahre 2005. Damals war seine Ehefrau angeklagt, weil sie fünf Liter Öl erhitzt und über ihren schlafenden Mann geschüttet hatte. Neben ihr auf der Anklagebank saß ihr Bruder, der ihn mit einem Messer verletzt hatte. Beide bekamen Bewährung, weil das Schwurgericht ihnen glaubte, dass das Opfer dieser Attacken die gesamte Familie tyrannisiert hatte. Er selbst wurde später ebenfalls zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er seine Ehefrau vergewaltigt und geschlagen hatte.

Anzeigen wegen Bedrohung

Seitdem beschäftigt diese Familie immer wieder die Justiz. Der 39-Jährige hat zwar außerhalb von Essen eine neue Familie gegründet, doch kehrt er immer wieder zurück, obwohl seine Eltern zur Ex-Frau halten. Mehrmals hat die Familie ihn schon wegen Bedrohungen angezeigt. Doch entweder stellte die Justiz die Verfahren mangels öffentlichen Interesses ein, oder die Familie verzichtete darauf, die Verfahren mit allen Konsequenzen durchzuführen.

Das ist diesmal anders. Vor dem Essener Amtsrichter Niklas Nowatius sitzt der Mann mit der sichtbar verbrühten Haut, weil er am 16. Juni 2012 seinen Schwager bedroht haben soll. Mit den Fingern soll der Gehörlose, der nur über die Gebärdensprache kommuniziert, eine Pistole geformt und an die Schläfe gehalten haben. Außerdem hätte er die Geste des Halsdurchschneidens gemacht. Der 46 Jahre alte Schwager: „Die ganze Familie hat Angst vor ihm.“ Schon als Jugendlicher war der Angeklagte wegen sexueller Belästigung einer Mitschülerin in der Psychiatrie, leidet noch heute unter seiner narzisstisch-labilen Persönlichkeitsstörung.

Angeklagter denkt an Verschwörung

Verteidiger Andreas Wieser erklärt: „Für den Angeklagten war die Attacke mit dem Öl ein Mordversuch. Er glaubt, dass sich alle gegen ihn verschworen haben. Aber ernsthaft bedroht hat er in den vergangenen Jahren niemanden.“ Richter Nowatius dachte schon vorher an eine Einstellung des Verfahrens. Auch weil die Mutter ihren Sohn mit Essen versorgt, wenn er kommt. Doch sie stellt klar: „Das mache ich in der Hoffnung, dass er sich ändert.“ Ihre Hoffnung schwindet: „Gestern warf er mir vor, dass ich gegen ihn aussagen werde. Er sagte, er sei Psycho und werde nicht bestraft. Ich kann nicht mehr. Beim nächsten Mal rufe ich die Polizei.“

Nach einem kurzen Gespräch mit seinem Verteidiger weist der Angeklagte die Vorwürfe nicht mehr zurück. Zuvor hatte er die Bedrohung bestritten. Das Gericht verwarnt ihn mit einer kleinen Geldstrafe zur Bewährung. Will ihm so deutlich machen, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist und er seine Familie in Ruhe lassen soll.