Essen.
Jahrelang rutschte die Altenessener Schrotthändlerfamilie oft an einer Verurteilung vorbei. Doch nachdem Vater und Sohn P. 2009 zu langen Haftstrafen wegen einer Drogenplantage verurteilt wurden, kassierte am Dienstag auch der jüngste Sohn einen Schuldspruch: Zu zwei Jahren Jugendstrafe mit Bewährung wegen Beihilfe zur Geiselnahme verurteilte ihn das Essener Jugendschöffengericht.
Beteiligt war der 21-Jährige an einer brutalen Aktion, für die sich die Hauptangeklagten, darunter seine Mutter, zurzeit vor dem Landgericht Düsseldorf verantworten müssen. Gemeinsam mit einem anderen Schrotthändler aus Essen hatten sie laut Anklage einen 50-jährigen Düsseldorfer entführt, der für sie als Strohmann in einem „Geschäftsmodell zur Umsatzsteuerverkürzung“ tätig gewesen sein soll. Er hatte 80.000 Euro kassiert, das Geld aber nicht an Familie P. weitergeleitet.
Weil das Geld ihnen zustand, entführten sie den Mann am 23. September 2010, gestand der 21-Jährige vor dem Jugendschöffengericht. Ab ging es zum großen Schrottplatz an der Emscherstraße. Dort drohten sie ihm mit Tod oder Verstümmelung, schlugen ihn. Sie zeigten ihm eine Schaufel und lenkten seinen Blick zum Kran: Damit könne er sein Grab schaufeln, bevor sie ihn am Kran aufhängen würden. Da gestand er, dass das Geld im Schließfach einer Bank liege.
Arm auf Holzblock
Später musste er seinen Arm auf einen Holzblock legen. Der ältere Bruder des Angeklagten holte eine Axt und drohte, ihm den Arm abzuschlagen. Er gab auf, stellte eine Bankvollmacht aus, mit der die Mutter des Angeklagten das Geld holte. Die zwischendurch von ihm heimlich per Handy alarmierte Polizei ermittelte nach seiner Freilassung eifrig, kam aber nicht weiter. Das mag an der Drohung liegen, auf ihn werde eine Kopfprämie ausgesetzt, falls er zur Polizei gehe. Vielleicht aber auch daran, dass Familie P. ihm einen Anwalt gestellt haben soll.
Ein Mittäter, der 21 Jahre alte Sohn des befreundeten Schrotthändlers, ist in Düsseldorf bereits zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der 21 Jahre alte Sohn P. kam besser weg, weil er das Opfer nur einmal festgehalten hatte. Er legte zwar ein Geständnis ab, erweckte aber weiter den Eindruck, dass er sich zur Tat berechtigt fühlte, weil das Geld doch seiner Familie zustand. Verteidiger Peter Strüwe machte das Opfer schlecht, weil der Mann die Familie P. „in perfider Weise betuppt“ hätte. Letztlich stimmte auch er der zuvor ausgehandelten Jugendstrafe zu. Richterin Sabine Schriewer redete dem Angeklagten ins Gewissen: Auch Familie P. dürfe die Dinge nicht selbst in die Hand nehmen, wenn sie meine, berechtigte Forderungen eintreiben zu wollen.