Essen. Erst 39 Anträge auf Betreuungsgeld liegen beim Versorgungsamt der Stadt Essen vor. Die Zahl dürfte aber in den kommenden Wochen noch steigen, vermutet die Stadt. Der Essener Unternehmensverband derweil kritisiert die neue staatliche Leistung scharf.

Das neue Betreuungsgeld ab August stößt derzeit bei den Essenern nicht auf große Nachfrage. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, gab es bis gestern erst 39 Anträge in Essen. Stadtsprecher Stefan Schulze: „Das kann sich aber in den kommenden Wochen noch ändern, je nachdem, wann die Eltern Anspruch auf die Leistung haben“, sagte er.

Das Betreuungsgeld bekommen Eltern, die auf jede Art öffentlich mitfinanzierter Betreuung für ihr Kind verzichten. Vom 1. August an gibt es für jedes Kleinkind unter drei Jahren 100 Euro, vom 1. August 2014 an 150 Euro. Das Kind muss jedoch nach dem 31. Juli 2012 geboren worden sein.

Kritik des Unternehmensverbandes am Betreuungsgeld

Das Betreuungsgeld wird maximal 22 Monate lang bezahlt, aber erst, wenn kein Anspruch auf Elterngeld mehr besteht, also spätestens mit dem 15. Lebensmonat des Kindes. Entsprechend können auch erst in den kommenden Wochen Anträge bei der Stadt landen. Das Betreuungsgeld muss schriftlich beantragt werden. Auf www.essen.de können die Antragsformulare heruntergeladen werden.

Der Essener Unternehmensverband (EUV) interpretiert die geringe Zahl der Anträge folgendermaßen: Das Betreuungsgeld kommt – und keiner will es haben? Die Zahl der Anträge werde im August sicher noch ansteigen. Aber gut komme das Betreuungsgeld bei der Wirtschaft nicht an. Der EUV kritisiert die Leistung als „Rückschritt“. EUV-Hauptgeschäftsführer Ulrich Kanders sieht im Betreuungsgeld unter anderem einen Gegensatz zum Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. „Es ist geradezu absurd, einen finanziellen Anreiz zu schaffen, dem Arbeitsmarkt auch im zweiten und dritten Jahr nach der Geburt fernzubleiben, gerade für junge Mütter. Lange Erwerbsunterbrechungen sind eine wesentliche Ursache für Qualifikationsverluste und damit für Nachteile in der Karriere- und Einkommensentwicklung“, so Kanders.

194 Anträge auf U3-Platz

Am 1. August tritt auch der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren in Kraft. Derzeit liegen laut Schulze noch 194 Anträge von Eltern vor. „Wir können aber nicht sagen, wie viele davon einen Platz ab 1. August wollen.“ Solche Anträge würden aber bevorzugt bearbeitet, verspricht er. Klagen von Eltern gegen die Stadt lägen nicht vor, heißt es.