Essen. Die neue Familienförderung ist noch gar nicht gestartet, da hagelt es schon weiter Kritik. NRW-Familienministerin Ute Schäfer (SPD) hätte das Betreuungsgeld lieber in den Ausbau von Kindertagesstätten gesteckt. Bislang ist die Nachfrage extrem gering.

Ab 1. August können Familien Betreuungsgeld beantragen – doch im Ruhrgebiet gibt es bislang kaum Interessenten. Dies ergab eine Umfrage unserer Redaktion. So sind in Gelsenkirchen erst vier Anträge eingegangen. In Dortmund sind es 26, in Bochum 14, in Duisburg sechs. Auch in Essen, Mülheim und Oberhausen liegen bisher kaum Anträge vor.

Die Landesregierung rechnet jedoch mit einem Anstieg der Zahlen bis August 2014. Denn: Das Betreuungsgeld wird erst ab dem 15. Lebensmonat des Kindes gezahlt. Und der Stichtag für die Geburt ist der 1. August vorigen Jahres.

Familienministerin Ute Schäfer (SPD) erwartet, dass jährlich bis zu 105.000 Familien Anspruch auf Betreuungsgeld haben. Die Schätzung beruht auf der Annahme, dass von 145.000 Einjährigen rund 40.000 in Krippen oder bei Tagesmüttern betreut werden – also kein Anspruch auf Betreuungsgeld besteht. Schäfer hält die Förderung für ein „familien-, gesellschafts- und wirtschaftspolitisch unsinniges Instrument“. Für die milliardenteure Maßnahme hätten „allein in NRW 27.000 zusätzliche Betreuungsplätze für Kleinkinder geschaffen werden können“.

NRW-CDU zufrieden mit Landesregierung

CDU-Familienexpertin Andrea Milz kritisierte, die Grünen hätten das Betreuungsgeld als „Bürokratiemonster“ verunglimpft und Eltern als Bildungsverhinderer kritisiert. Sie begrüßte aber, dass die Landesregierung im Gegensatz zu anderen Ländern wie Thüringen auf „parteipolitische Spielchen“ verzichtet habe und Antragsteller alle Informationen über das Betreuungsgeld erhalten würden. In Thüringen hatte es bis Freitag laut „Spiegel“ keinen Antrag gegeben.

Marcel Hafke (FDP) verlangte, alle familienpolitischen Leistungen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen: „Das Betreuungsgeld ist keine Herzensangelegenheit der FDP.“ Die Liberalen erwarteten, dass viele Eltern in Großstädten beim Rechtsanspruch auf einen Platz für Unter-Dreijährige „leer ausgehen“.

Steinbrück attackiert Schröder

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte am Wochenende kritisiert, das Betreuungsgeld halte Frauen von der Erwerbstätigkeit fern. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) verteidigte die Förderung und warf Steinbrück ein Problem mit seinem Frauenbild vor. „Wer glaubt, nur weil man Frauen 150 Euro hinhält, vergessen wir gleich sämtliche beruflichen Ambitionen, der lebt in den 50er-Jahren“, so Schröder.