Essen. Das vom NRW-Innenminister eingeräumte Ausweiten der Blitzer-Zonen stößt im Essener Rathaus eher auf Zurückhaltung. „Wir konzentrieren uns weiter auf Gefahrenpunkte“, heißt es. CDU und FDP finden das richtig so. „Freies Schießen“ gefährde die Akzeptanz der Bürger gegenüber Verkehrskontrollen.

Vier Radarwagen und eine gut tarnbare Blitztonne besitzt die Stadt, um Temposündern das Leben schwer zu machen. Die Bilanz für das Jahr 2012 klingt durchaus eindrucksvoll: Rund 107.000 Mal blickten Autofahrer ins gleißende Blitzlicht, in 85.000 Fällen führte das zu Verwarn- und Bußgeldern ab 35 Euro, wobei rund 20.000 Mal die Geschwindigkeitsüberschreitung bei mehr als 21 km/h lag und es somit Punkte in Flensburg gab.

Eine von der Landesregierung gestattete Verschärfung könnte nun für weiteres Wachstum sorgen. Die Ordnungsämter sollen nach einem Wort von NRW-Innenminister Jäger ab sofort „überall dort blitzen dürfen, wo zu schnell gefahren wird“.

Überwachung verursacht auch Kosten

„Welche genauen Folgen das für uns hat, wissen wir noch nicht“, sagt Stadtsprecher Stefan Schulze. Eine Autofahrer-Befürchtung will er aber zerstreuen: „Dort zu blitzen, wo es sich schlicht am meisten lohnt, wo am meisten Geld in die Kasse kommt - das wird der Erlass nicht hergeben, und wir machen es auch definitiv nicht.“ Auch künftig werde sich die Stadt in Absprache mit der Polizei und der Unfallkommission vielmehr auf jene Gefahrenpunkte konzentrieren, wo Unfälle als Folge überhöhter Geschwindigkeit besonders dramatische Folgen haben könnten: „Das gilt etwa vor Schulen und in Tempo-30-Zonen.“ Dort verlassen sich Fußgänger besonders darauf, dass Autofahrer sich an die Regeln halten.

Heißt das nun im Umkehrschluss, dass auf Hauptstraßen aus Sicht schnell fahrender Autofahrer nichts zu befürchten ist? So weit will Schulze nun nicht gehen. „Es kann schon sein, dass wir die Zonen erweitern, aber sicher nicht willkürlich.“ Und ja, es gebe natürlich Einnahmen aus dem Topf der Geschwindigkeitskontrollen, aber die Überwachung verursache auch Kosten. „Mehr Fahrzeuge sind derzeit jedenfalls nicht geplant, und deshalb müssen wir mit unseren Möglichkeiten haushalten.“

Neuregelung gefährdet Akzeptanz der Bürger

Damit bewegt sich die Stadtverwaltung auf einer Linie mit der CDU-Ratsfraktion, die das vom Innenminister erlaubte „Frei Schießen“ ablehnt. „Wir fordern auf, an der bisherigen Praxis festzuhalten“, sagt CDU-Ratsherr Fabian Schrumpf. „Geschwindigkeitsmessungen haben ausschließlich der Sicherheit im Straßenverkehr zu dienen.“ Die von der Landesregierung beabsichtigte Ausweitung lege den Verdacht nahe, dass Autofahrer vermehrt zur Kasse gebeten werden sollen.

Die Gewerkschaft der Polizei habe recht mit ihrer Befürchtung, die Neuregelung könne die Akzeptanz der Bürger gegenüber Verkehrskontrollen gefährden. Die Essener FDP sieht es ähnlich: „Nicht alles, was formal erlaubt ist, ist auch in puncto Verhältnismäßigkeit automatisch sinnvoll.“