Essen. . Das Forschungsinstitut InWIS empfiehlt der Stadt, bis 2025 mehr Flächen für Eigenheime und dem Geschosswohnungsbau auszuweisen – und das, obwohl die Bevölkerungszahl sinkt. Außerdem solle der Bau von preisgebundenen Wohnungen vorangetrieben werden. Denn Essen sei durchaus attraktiv.

Die „wachsende Stadt“, die wünschen sich viele, doch in der Praxis schrumpft Essen schier unaufhörlich: Bis zum Jahr 2025 sinkt die Zahl der Einwohner von jetzt knapp 570.000 auf dann noch 530.000 bis 555.000. Wird da nicht genügend Wohnraum frei? Braucht es neben den bekannten Baugebieten überhaupt neue Wohnbauflächen?

Und ob. So bescheinigt es eine neue, aktualisierte Studie des auf Wohnungsmarkt-Beobachtung spezialisierten Bochumer Forschungs-Instituts InWIS: Im Auftrag der Stadt ging es der Frage nach, wie sich wohl bis 2025 die Nachfrage nach Wohnraum in Essen entwickeln dürfte, welche Trends erkennbar sind und wie die Stadt darauf reagieren muss.

Verfügbare Flächen müssen ausgeschöpft werden

Die Antwort wird vor allem jenen nicht gefallen, die mit der Ausweisung neuer Wohnbauflächen eher auf Kriegsfuß stehen. Denn InWIS schätzt, dass sich bis 2025 eine Nachfrage nach 2.532 Eigenheimen entwickelt – und die lasse sich nur dann befriedigen, wenn alle hierfür verfügbaren Flächen zu 100 Prozent ausgeschöpft werden. Doch anders als noch 2007, bei ihrer ersten Essener Studie, haben sich die Bochumer Gutachter von der Vorstellung verabschiedet, dass die allermeisten Altstandorte auch für eine Neubebauung genutzt werden.

Statt hier eine Quote von 90 Prozent anzusetzen, schraubte man diese nach statistischen Erkenntnissen des Landes auf 66 Prozent herunter. Mit der Folge, dass die Studie allein im Eigenheim-Segment in Essen einen zusätzlichen Flächenbedarf von 842 Wohneinheiten registriert.

Über 110 Hektar könnten benötigt werden

Eine noch größere Lücke zwischen Angebot und Nachfrage klafft bei Miet- und Eigentumswohnungen: Hier rechnet InWIS bis 2025 mit einer Nachfrage von 8.058 Wohneinheiten – 4.111 mehr, als das Stadtgebiet derzeit an absehbaren Wohnbauflächen hergibt.

Die simple Schlussfolgerung: Es muss deutlich mehr Bauland her, damit die jetzigen und die künftigen Bewohner der Stadt ihre Wohnwünsche erfüllen können. Denn Essen ist attraktiv, heißt es, übt eine hohe Anziehungskraft auf junge Haushalte aus und kann mit „tendenziell stabilen Beschäftigungsperspektiven“ und einer guten verkehrlichen Anbindung punkten. Der Trend zu kleineren Haushalten federt dabei den Schrumpfprozess bei den Einwohnern ab.

Über den Daumen gepeilt müsse Essen rund 38 Hektar (eine Fläche von 76 Fußballplätzen) zum Bau von Eigenheimen ausweisen, für Miet- und Eigentumswohnungen kommen noch einmal knapp 75 Hektar (= 150 Fußballplätze) zusammen. Der Blick richtet sich vor allem auf den Süden der Stadt, aber auch der Nordwesten wird immer beliebter.

Die INWIS-Studie 

Bereits vor sechs Jahren hatte die Stadt eine Studie in Auftrag gegeben, die einen Ausblick auf ein nachfragegerechtes Wohnraumangebot für 2015 und folgende Jahre geben sollte. Jetzt liegt die Aktualisierung für 2020 und die Folgejahre vor. Sie soll Politik und Verwaltung Fakten zur Entscheidung liefern.

Für die drei Segmente Eigenheime, Eigentumswohnungen und Mietwohnungen gibt die 136-seitige InWIS-Studie Politik und Planungsverwaltung unterschiedliche Erkenntnisse an die Hand:

So weise Essen bei den Eigenheimen einen stabilen Markt auf, in dem Bestandsimmobilien in guten Lagen mitunter höhere Preise erzielen als Neubauten – und sei’s nur für das Grundstück. Künftig werde es wichtig, in manchen Siedlungen nachzuverdichten und Flächen umzunutzen. Neben die Familie treten als Nachfragegruppe längst auch die „Best Ager“, die im Alter oft ein zweites Mal Eigentum bilden.

Viele Neubauten werden gesucht

Bei den Eigentumswohnungen gibt es einen spürbaren Überhang an Nachfrage vor allem im Süden und speziell in Rüttenscheid, allerdings erst ab einer Wohnungsgröße von etwa 65 Quadratmetern. Ältere Nachkriegsbestände seien mittlerweile schwierig zu vermarkten, die Preise reichen bis zu 3.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche in guten Lagen des Essener Südens.

Bei (freifinanzierten) Mietwohnungen zeigt sich eine Schere bei der Nachfrage: Neubauten sind gesucht, Altbaubestände vor allem aus den 1950er Jahren mit schlechter Qualität gibt es im Überfluss. Einerseits lassen sich „Komfort“-Mietwohnungen mit großzügigen Zuschnitten an den Mann bringen, aber auch Kleinstwohnungen für einkommensschwache Single-Haushalte. Die Preise spreizen sich bei Neubauten extrem – zwischen 5,50 Euro je Quadratmeter im Norden und 9,80 Euro in Spitzenlagen des Südens.

Die Bochumer Wohnungs-Experten halten es darüber hinaus für wichtig, dass auch der preisgebundene Wohnungsbestand („Sozialer Wohnungsbau“) wieder wächst. Der sollte sich aber gezielt auf bestimmte Zielgruppen beschränken: ältere Single-Haushalte (barrierefrei!) und große Familien.