Essen. . „Kulturgut“-Initiatoren sehen sich durch namhafte Verwaltungsrechtler bestärkt in ihrer Auffassung.
Gesten der Glückwünsche, sie mussten ausbleiben. Nein, zum Feiern war den Kulturgut-Initiatoren nicht zumute, als das Wahlamt Geburtsdaten als unvollständig oder fehlend inkriminierte und damit 372 Unterschriften ihres Begehrens für ungültig erklärte. Herb war die Enttäuschung, zumal der Initiative gerade einmal 75 Unterschriften zum Quorum fehlten. Bei den „wichtigen Impulsen für die Kulturpolitik“, die ihnen die SPD wie zum Trost bescheinigte, wollten es die Macher nicht belassen. Die angekündigte Klage der Verlierer von Amts wegen rückt näher, und das Unterfangen findet namhafte Unterstützer.
In der Rechtswissenschaft umstritten
Bei einer öffentlichen Anhörung zu dem Antrag der FDP-Landtagsfraktion „Direkte Demokratie muss bürgerfreundlich sein“, teilte der engagierte Münsteraner Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Wilhelm Achelpöhler, die Sicht der Stadt Essen keineswegs. Und mit dieser Einschätzung war Achelpöhler nicht allein auf weiter Flur.
Auch wenn die Frage, unter welchen Voraussetzungen Unterschriften für ein Bürgerbegehren gültig sind, in der Rechtswissenschaft umstritten und in der Rechtsprechung nicht geklärt sei, ist für Achelpöhler entscheidend, dass der Unterzeichner identifizierbar ist: „Reichen dafür Name und Anschrift, dann ist die Unterschrift auch bei fehlendem Geburtsdatum gültig“, heißt es in einer Stellungnahme für den Landtags-Ausschuss für Kommunalpolitik. Das Geburtsdatum sei nachrangig zu sehen und erst dann von Bedeutung, „wenn es Zweifel an der Erkennbarkeit gibt“.
Anforderungen an die Gültigkeit einer Unterschrift
Der Absatz in der Gemeindeordnung, mit dem das Wahlamt der Stadt seine ablehnende Haltung begründete, stellt nach Einschätzung Achelpöhlers nur klar, dass Unterschriften ungültig sind, die den Unterzeichner nicht zweifelsfrei erkennen lassen. Gelänge es der Gemeinde bereits anhand von Name und Anschrift zu prüfen, dass eine ausreichende Zahl von Bürgern ein Begehren unterzeichnet hat, dann seien weitere Anforderungen an die Gültigkeit einer Unterschrift „nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig“. Dass ein solches Verfahren der Kommune viel Arbeit beschere, dürfe kein Kriterium sein.
Für den Rechtsanwalt Horst Wüstenbecker, der dem Ausschuss ebenfalls eine Stellungnahme vorlegte, ist ein Unterzeichner, der trotz mangelhafter Angaben eindeutig identifizierbar ist, im Sinne der Gemeindeordnung auch „zweifelsfrei erkennbar“. Während der Landesverband „Mehr Demokratie“ zu einem ähnlichen Schluss kommt und der Düsseldorfer Verwaltungsrechtler Robert Hotstegs betont, dass es durch den Gesetzgeber nicht erwünscht zu sein scheint, wenn eindeutig identifizierbare Unterschriften als ungültig bewertet werden, sieht offenbar allein die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände keine Reformnot, um direkte Demokratie bürgerfreundlicher und rechtssicherer zu machen: „Angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes halten wir eine Gesetzesänderung nicht für erforderlich“, hieß es.