Essen. . Auf fünf Friedhöfen will sich die Stadt Essen von Flächen trennen, um sie zum Teil als Bauland zu vermarkten. Ferner ändert die Verwaltung die Betriebsordnung für Feuerbestattungen – zehn Jahre nach dem NRW-Gesetz. Angehörige dürfen dadurch künftig an Einäscherungen teilnehmen.
Nein, zur Ruhe kommen Essens 23 Friedhöfe wirklich nicht: Die nächste Sparrunde zeichnet sich bereits ab, die Stadt will sich von Friedhofsflächen trennen, gleichzeitig aber auch neue Angebote schaffen, um sich gegen private und kommunale Billiganbieter zu behaupten.
Der Rückgang bei den Sterbefällen in einer schrumpfenden Stadt, die veränderte Bestattungskultur, die allein im ersten Quartal dieses Jahres zu über 70 Prozent der Urne den Vorzug gegeben hat, die Konkurrenz der kirchlichen Friedhöfe, dazu drastische Preissteigerungen vor allem für Energie – dies alles hat ein Loch von 1,3 Millionen in die Kasse von Grün und Gruga gerissen. Ein „Interfraktioneller Arbeitskreis Friedhöfe“ befasst sich seit Januar mit der Thematik, mit der Zukunft auf den 256,7 Hektar, die zurzeit den Verstorbenen in rund 250.000 Grabstellen die letzte Ruhe gewähren.
Stadt will sich von Flächen trennen
Bei der Grünpflege wurde und wird gespart: Von 200 Stellen sind noch 137 geblieben, bei der Entsorgung wurden 180.000 Euro gespart, die Vergabe der Grundpflege an Gartenbaubetriebe auf sechs Friedhöfen wird in diesem Jahr erweitert (Frillendorf, Kettwig und Schildberg).
Auf fünf Friedhöfen will sich die Stadt nun von Flächen trennen, um sie zum Teil als Bauland zu vermarkten. Auf dem Parkfriedhof betrifft dies eine Fläche zwischen Verwaltungsgebäude und Betriebshof, auf dem Friedhof Frillendorf eine ehemalige Kleingartenfläche, dazu kommen Grundstücke auf dem Friedhof Hellweg, dem Friedhof Karnap und dem Nordfriedhof, wo im oberen Bereich eigentlich ein „Kuhlhoffsee“ im Rahmen des Projektes „Neue Wege zum Wasser“ angelegt werden sollte, nun aber wohl Bauland den Vorzug erhält.
Angehörige dürfen an Einäscherung teilnehmen
Es geht der Stadt nicht nur um den Rückbau und um Einsparungen – neue Angebote sollen das Minus verringern helfen. So wurde das muslimische Grabfeld auf dem Hallo-Friedhof erweitert, zusätzlich drei Friedhöfe werden nach eingehender Prüfung als Ersatzfläche ab dem Frühjahr 2014 angeboten.
Erstaunliche zehn Jahre (!), nachdem das Land NRW das Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen geändert hat, liegt nun auch in Essen eine Novellierung der Betriebsordnung für die Feuerbestattungsanlagen auf dem Tisch. Die sehen in der Tat einige für die Hinterbliebenen nicht ganz unwichtige Änderungen vor. So besteht künftig das Recht für die Angehörigen, an der Einäscherung des Verstorbenen im Krematorium am Hellwegfriedhof „in einem würdevollen Rahmen“ teilzunehmen: Dem Wunsch vieler Angehöriger werde hierdurch nachgekommen, ist die Stadt überzeugt.
Stadt will Betriebsbesichtigungen ermöglichen
Nach der Einlieferung des Verstorbenen ist es auch erlaubt, Wertgegenstände im Beisein des Krematoriumsleiters oder seines Beauftragten gegen schriftliche Quittung herauszugeben, beispielsweise einen Ehering. Betriebsbesichtigungen will die Stadt künftig regelmäßig ermöglichen.
Neben neuen Bestimmungen für Särge und die Bekleidung der Verstorbenen und einer nun regelmäßigen Schulung der Mitarbeiter stehen vor allem rechtliche Fragen im Mittelpunkt der Novellierung, die nun mehr Klarheit schaffe. Warum dies alles zehn Jahre gedauert hat, dazu gab es gestern seitens der Stadt keine erschöpfende Auskunft.
Deutlicher Zuwachs an Einäscherungen
Derlei Nachlässigkeit will man sich zukünftig nicht mehr leisten. Der Kontakt zu den Essener Bestattern wird inzwischen als „konstruktiv und sehr gut“ bezeichnet, das Info-Büro am Parkfriedhof leiste hier und bei den Veranstaltungen in Vereinen und Verbänden hervorragende Arbeit, inzwischen gebe es auch ansprechendes Info-Material.
Die Zahlen scheinen dies zu beweisen: Bei den Einäscherungen verzeichnet die Stadt im ersten Quartal einen deutlichen Zuwachs – um die 20 Prozent. Doch ausgerechnet jetzt muss einer der drei Öfen saniert werden. Seit dem 26. April steht die „Linie 1“ still, 235.000 Euro kostet die Sanierung des „Feuerfestbereichs“. Dies hält die Stadt für geboten, um die steigenden Einäscherungszahlen problemlos aufzufangen und die Wartezeit auf zwei, drei Tage zu begrenzen.