Essen. . Das Präventionsprojekt des Jugendamts für junge schwangere Frauen und Familien soll ausgeweitet werden.
Oft ist es pure Verzweiflung, die Susanne Döblitz und ihre vier Kolleginnen in den Gesichtern der schwangeren Frauen erblicken, wenn sie ihnen beim ersten Gespräch gegenübersitzen. Es sind junge Frauen, die in ihrer Not zur präventiven Frühhilfe „Sicherer Start – Chancen geben“ an der Werderstraße 21 kommen.
„Sie sind in einer Partnerschaft, werden dann schwanger, und plötzlich zerbricht die Beziehung“, erzählt die Projektkoordinatorin. Ohne den Vater an der Seite, ohne Wohnung, ohne Job oder Schulabschluss, ohne Unterstützung der Familie und mit weiteren Problemen, dann fehlt eine Perspektive fürs Leben – und fürs eigene Kind und seine Bedürfnisse.
Vorzeige-Projekt des Jugendamt
Es sind aber auch junge Familien, die mit der Kombination aus baldigem Eltern-Sein, schwieriger Lebenssituation, Behördengängen und Gesundheitsvorsorge überfordert werden. Ihnen soll das Projekt helfen, Sorgenberge zu bewältigen. Dabei hatte das Vorzeige-Projekt des Jugendamts, das 2006 das Licht der Welt erblickte, selber zu Beginn auf wackligen Füßen gestanden und finanzielle Hilfe nötig.
Diese Zeiten sind jedoch vorbei, der Service-Club „Round Table 26 Essen“ (RT 26) half tatkräftig durch Spendensammlungen und Kunst-Auktionen. Etwa um Gruga-Jahreskarten, Babyschlafsäcke oder Babyschwimmkurse zu finanzieren, die pro planschendem Wonneproppen schon mal 30 Euro kosten können. Die Mitglieder griffen auch beherzt bei Umzügen zu und unterstützten so die Frauen und Familien.
Hilfe für bisher rund 400 Familien
Seit 2009 ist als Kooperationspartner der CJD Zehnthof Essen mit von der Partie, initiiert durch eine Förderung der Deichmann-Stiftung. Zum Sommer hin endet nun das Engagement der Männer vom RT26, weil das Projekt laufen gelernt hat. Dies nutzten die Verantwortlichen, um gestern eine gute Zwischenbilanz zu ziehen.
Waren es anfangs noch elf Familien, um die sich die Kräfte mit eigens fortgebildeten Familienhebammen und Kinderkrankenschwestern kümmerten, stieg die Zahl im April 2009 mit Eintritt des CJD Zehnthof in das Projekt auf 18, später auf 35, dann auf 50 Familien. „Ab Juli 2011 hatten wir eine Warteliste“, erzählt Susanne Döblitz. Angebot und Nachfrage standen nicht mehr im Einklang. Seit dem Start wurden rund 400 Familien geholfen, mehr als die Hälfte sehe man oft später noch, bei den Sommer- oder Nikolausfesten der Vermittlungsstelle. Eine Warteliste gibt’s zwar nach wie vor, diese ist aber dank einer weiteren halben Stelle seit Anfang 2013 deutlich geschrumpft.
Familienhebammen und Kinderkrankenschwestern helfen
Die beispielhaft genannte junge Frau findet den Weg zu „Sicherer Start“ etwa über die Krisenintervention einer Schwangerschaftsberatung, beschreibt Döblitz die erste Kontaktaufnahme. „Wie ist die Situation? Was können wir zur Entlastung bieten?“, seien die Fragestellungen. „Der Berg an Problemen soll überschaubar werden und in kleinere geteilt werden“, sagt die Projektleiterin
Eine Kollegin kümmere sich um eine Familie, ziehe eine der rund 30 Familienhebammen oder Kinderkrankenschwestern hinzu, die ein- bis dreimal pro Woche hilft, und erarbeitet im Teamwork weitere Hilfe von anderen Stellen. „Die Frauen sind meist zwischen 18 und 25 Jahren alt, nur 10 zehn Prozent der Betroffenen, die zu uns kommen, sind minderjährig“, berichtet Döblitz. Auch ein Nord-Süd-Gefälle schließt sie aus: „Die Betroffenen verteilen sich auf alle Stadtteile.“
Die Zukunft des Projektes
„Wir glauben, dass der lebenspraktische Ansatz des Projektes maßgebend für die Zukunft ist“, sagt Jürgen Schroer, Leiter des Kinderbüros beim Jugendamt. Durch das 2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz bekommt die Stadt bis 2015 Fördermittel aus der „Bundesinitiative Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen“ und kann so das Angebot von „Sicherer Start“ weiter ausweiten, etwa durch weitere Qualifizierung von Personal, mehr Familien, die betreut werden, und in dem die Zielgruppe ausgeweitet wird. Info: www.sicherer-start-essen.de