Essen.
Die Nerven liegen blank, der Blutdruck steigt. So manche Ehe kriegt die Krise, wenn „er“ der Liebsten das Autofahren beibringen will. Da krachts schon mal, nicht nur am, sondern auch im Wagen: „Du blöde Kuh, guck mal, was Du mit meinem Auto gemacht hat“, ereiferte sich da ein Ehemann wenig charmant. Die Folge, seine Angetraute verließ das Auto wutentbrarnnt und stapfte zu Fuß nach Hause. Beim Rückwärtsfahren hatte sie den Auspuff beschädigt.
Das ist eine von vielen Geschichten, die Rainer Schoppmann (79) schmunzelnd erzählen kann. Geschichten, die er auf seinem Verkehrsübungsplatz am Flughafen Essen Mülheim mitbekommen hat. Auf dem ersten Platz dieser Art im Ruhrgebiet und der wird in diesen Tagen 50 Jahre alt.
Die zündende Idee kam Schoppmann, als er 1962 als junger Fahrlehrer auf dem Flughafen Essen Mülheim einen Pilotenschein erwerben wollte. Während er mit dem Lehrer Starts und Landungen übte, „parkte“ er seine Schüler im Fahrschulauto auf dem nicht öffentlichen Gelände direkt nebenan. Sie durften dort einparken üben. Schoppmann hatte alles sorfgfältig mit Autoreifen gesichert. „Aus der Luft konnte ich dann auch meine Schüler beobachten“, erinnert sich der 79-Jährige.
Bäume als Pufferzone
Es dauerte nicht mehr lange, bis er auf dem 35 000 Quadratmeter großen Gelände ganz offiziell einen Verkehrsübungsplatz eröffnete, auch den Namen prägte er. Viele der inzwischen großgewachsenen Bäume, die das Gelände auflockern, pflanzte er selber. Auch wenn sie in gebührendem Abstand zu den Straßen stehen: „Die werden schon hin- und wieder als Pufferzone gebraucht“, sagt Rainer Schoppmann. Allerdings, das kommt eher selten vor. Halten sich Schüler und die Freizeitlehrer dochweitgehend an die Vorschriften und Tipps, die es schon auf der Eintrittskarte gibt „Vormachen“, empfiehlt sich da zum Beispiel für die erste Stunde. Etwa: „Wie man im Kriechtempo fährt.“ Der größte Fehler ist nämlich, so Schoppmann: „ Der Fahranfänger wird überfordern“.
Es sind nicht nur Essener, die zum Üben an die Stadtgrenze kommen. Aus dem ganzen Ruhrgebiet trifft man sich auf dem Platz. Oft haben schon Opa, Oma, Vater oder Mutter dort die ersten Fahrversuche unternommen. Jetzt ist die dritte Generation dran.
Porsche, Maserati und Oldtimer als Übungsauto
Wer da glaubt, nur eher schlichtere Automodelle werden dort den Strapazen hoppelnder Anfahrversuche von Fahrneulingen ausgesetzt, der irrt. Selbst Porsche, Maserati oder gar Oldtimer werden von offensichtlich schmerzfreien, langmütigen Besitzern zur Verfügung gestellt. An ein Erlebnis anderer Art erinnert sich voller Vergnügen
Platzwart Sergio Perrez Lopez (63). Eine Großfamilie aus Frankreich, die auf Besuch für zwei, drei Wochen in Essen war erschien mit zwei Autos und zehn bis zwölf Personen auf dem Platz. Vier Zehnerkarten kaufte die Leute. So weit so gut: Was Perrez allerdings verhindern musste, war ihr Versuch sich zum Picknick mit Kühltasche und Decken auf Wiesen mitten im Gelände nieder zulassen. Nicht zuletzt wäre das zu gefährlich. Ein Vater, der seine Tochter zu ersten Fahrversuchen begleitete, überreichte Schoppmann, der auch heute noch täglich auf dem Platz nach dem Rechten schaut, zum Schluss ein besonderes Geschenk. Er baute ein Modell vom Übungsplatz mit allem drum und dran, mit Bäumen und Autos. Rainer Schoppmann hält es in Ehren.