Berlin. Die Flensburger Verkehrssünderdatei wird generalüberholt. Das hat der Bundestag beschlossen. Minister Ramsauer will das Punktesystem durch die Reform einfacher und gerechter machen. Die Opposition droht jedoch mit Widerstand im Bundesrat. Die wichtigsten Fakten zur Reform

Führerscheinentzug bei 8 statt 18 Punkten, eine einfachere Einstufung von Verkehrsverstößen und neue Seminare: Nach mehr als 50 Jahren hat der Bundestag am späten Donnerstagabend eine grundlegende Reform des Punktesystem für Verkehrssünder gebilligt.

Anstelle der bisherigen Skala von eins bis sieben Punkten gibt es nach dem Parlamentsbeschluss von Donnerstagabend je nach Schwere des Vergehens nur noch einen, zwei oder drei Punkte. Anders als zunächst von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) geplant soll man Punkte auch in Zukunft mit freiwilligen Schulungen abbauen können.

Wie viele Punkte gibt es künftig überhaupt noch?

Als Ramsauer Anfang vergangenen Jahres erste Umrisse vorlegte, sprach der Autofahrerclub ADAC von einer "Revolution in Flensburg". Inzwischen wurden manche Änderungen wieder geändert, nachdem sich auch in einem Internetforum tausende Bürger mit Vorschlägen gemeldet hatten. Die aktuelle Skala von 1 bis 7 Punkten wird deswegen doch nicht so stark vereinfacht wie angedacht.

Auch interessant

Statt zwei soll es künftig drei Kategorien geben: je nach Schwere des Verstoßes also 1, 2 oder 3 Punkte. Der Führerschein soll bei 8 Punkten weg sein, was jetzt bei 18 Punkten droht. Die Ministeriumsexperten erwarten aber nur einen "marginalen Anstieg" der Entziehungen. Bisher sind es üblicherweise etwa 5000 im Jahr bei geschätzt 54 Millionen Führerschein-Inhabern.

Wofür gibt's wieviele Punkte?

Aufgenommen in die Datei werden nach Ramsauers Gesetz nur noch Verstöße, die sicherheitsgefährdend sind. Wegfallen sollen Punkte für leichtere Ordnungswidrigkeiten, etwa das Fahren in einer Umweltzone ohne Plakette, für das es bislang einen Punkt gibt. Im Gegenzug drohen teils höhere Geldbußen. Die übrigen Punkte werden nach dem neuen System umgerechnet. So werden gefährliche Überholmanöver künftig mit einem Punkt statt mit zwei Punkten bewertet. Wer innerorts 31 bis 40 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt, bekommt zwei statt drei Punkte. Bei einem Alkohol-Vollrausch am Steuer werden drei statt der bisherigen sieben Punkte fällig.

Was passiert mit den gespeicherten Punkten?

Eine Amnestie soll es nicht geben, die 47 Millionen existierenden Punkte werden prinzipiell umgerechnet. Weil künftig nur noch Delikte gespeichert werden, die sicherheitsrelevant sind, dürfte sich manches Autofahrerkonto aber leeren. Von den gut neun Millionen Bürgern mit Eintrag in Flensburg könnte so etwa eine Million ganz aus der Kartei verschwinden.

Wegfallen soll etwa der eine Punkt fürs Fahren in die Umweltzonen von Großstädten ohne vorgeschriebene Plakette. Dafür kostet es aber 80 statt bisher 40 Euro. Auch bei anderen Verstößen soll die Kombination aus Punkten und Geldbußen neu justiert werden.

Wie kann man Punkte wieder loswerden?

N ach den komplizierten Speicherregeln verhindert derzeit jeder neue Verstoß, dass die erfassten Punkte insgesamt gelöscht werden. Künftig gilt: Jeder Punkt verjährt separat. Dafür bleiben sie vor allem bei gravierenden Verstößen aber länger registriert, nämlich je nach Schwere mindestens zweieinhalb und bis zu zehn Jahre. Eigentlich wollte Ramsauer auch Schluss damit machen, dass sich über freiwillige Seminare gerade Wiederholungstäter von Punkten "freikaufen" können. Der Koalitionspartner FDP fürchtete aber Härten für Berufsfahrer und setzte durch, dass diese Möglichkeit doch nicht komplett wegfällt. Wer maximal 4 bis 5 Punkte hat, soll so einmal binnen fünf Jahren zwei Punkte abbauen können. Die neu konzipierten Seminare kosten künftig aber 600 Euro statt 200 Euro, wie der ADAC erwartet.

Wie geht es weiter?

Mit den Nachbesserungen dürften die Chancen gestiegen sein, dass die Reform 2014 in Kraft treten kann. Letzte Etappe ist der Bundesrat, der ursprünglich ebenfalls Bedenken formuliert hatte. Voraussichtlich am 7. Juni könnte er sich erneut damit befassen. Der Anwaltverein klagt weiterhin, feinere Unterscheidungsmöglichkeiten für Verkehrsverstöße drohten auf der Strecke zu bleiben. Dagegen nennt der ADAC schon selbstbewusst den vermuteten ersten Geltungstag: 1. Februar 2014. (dpa)