Essen. . Ratsfraktion will Energiesperren vermeiden. Das Saarbrücker Modell soll als Vorbild dienen.

Während hunderte Essener im Dunkeln saßen, ging den Linken ein Licht auf: Stromversorger und Sozialbehörden sollen künftig eng zusammenarbeiten, um leidige Energiesperren in Privathaushalten zu verhindern. Einen entsprechenden Vorstoß will die Ratsfraktion im städtischen Sozialausschuss wagen.

Die Stadt Essen, so werden es die Linken beantragen, soll ein „wirksames System zur Vermeidung von Energiesperren entwickeln“. Profitieren sollen davon alle Hartz IV- und Sozialhilfe-Empfänger sowie „weitere einkommensarme Bevölkerungsgruppen“, heißt es in einem aktuellen Antrag. Die Stadt soll sich bei ihrer Ideenfindung an dem so genannten „Saarbrücker-4-Punkte-Modell“ orientieren, das seit einigen Wochen im Saarland greift und erste sichtbare Erfolge einfährt: Nach Darstellung des in der Landeshauptstadt zuständigen Dezernenten Harald Schindel konnte durch eine Art Frühwarnsystem in den ersten vier Monaten dieses Jahres rund 300 Mal verhindert werden, dass Bürger im Dunkeln sitzen, sie frieren oder die Küche kalt bleiben muss, weil ihr Geld nicht ausreichte, um die Energiekosten zu begleichen.

Auf freiwilliger Basis Erklärung unterschreiben

Das könnte so funktionieren: Die Betroffenen können auf freiwilliger Basis eine Erklärung unterschreiben, dass sie mit einem Datenabgleich zwischen Strom- oder Gasversorger und dem Sozialamt oder Jobcenter einverstanden sind. Die an dem Modell beteiligten Unternehmen werden so in die Lage versetzt, den Behörden frühzeitig zu melden, wenn im Einzelfall ein hartes Durchgreifen droht. Damit der Abgleich funktioniert, gibt’s auf beiden Seiten Ansprechpartner, die sich um die Notfälle kümmern. Die Stadt Saarbrücken und die dort ansässigen Versorger benötigten etwa ein halbes Jahr, um das Projekt umzusetzen.

Nach dem NRZ-Bericht über 790 Fälle von Energiesperren in Essen, bei denen die Stadt allein im vergangenen Jahr mit Darlehen oder einmaligen Beihilfen in Höhe von rund 574.000 Euro einspringen musste, hatte die Linke angekündigt, die Versorger stärker in die Pflicht nehmen zu wollen. Insbesondere Stromsperren am Freitagnachmittag, wenn in aller Regel weder Sozialbehörden oder Anwälte intervenieren können, seien zu vermeiden, forderte Ratsfrau Gabriele Giesecke. Auch dies sieht das Saarbrücker Modell ausdrücklich vor.

Wie die heutige Abstimmung im Sozialausschuss ausgeht, ist offen – und die Spannung groß.