Essen. . Bei Zinsen zwischen 0,1 und 0,3 Prozent kann man sich Sparbüchern zur Geldanlage mittlerweile sparen. Das sehen auch Kunden Essener Banken und Sparkassen so und suchen ihr Glück in anderen Geld-Anlageformen. Banken verweisen auf die Geldpolitik der EZB.
Weltmeister im Sparen – dieser Titel hängt den Deutschen an. Auf Sparbüchern horteten sie Vermögen. Das Büchlein im Reisepass-Format war beliebt, selbst wenn es vor dem Gang zur Bank oft umständlich aus der hintervorletzten Schublade hervorzukramen war. Denn das darin vermerkte Geld vermehrte sich – zwar langsam, aber beständig. Es war einmal.
Heute muss der Kleinsparer verzweifelt mit der Lupe nach den Erträgen suchen: Mit dem guten alten Sparbuch ist kein Staat mehr zu machen. Mickrige 0,1 bis 0,3 Prozent Zinsen im Jahr sind bei dieser Form der Geldanlage bei Essener Banken und Sparkassen zu holen. Das bleibt nicht ohne Folgen: Eine Flucht in andere Anlageformen hat längst eingesetzt, oder es wird mehr konsumiert. Den Banken vor Ort setzt dies – mal mehr, mal weniger – zu.
Rund 1,4 Milliarden Euro auf Tagesgeldkonten der Sparkasse
„Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht das Sparbuch unattraktiv“, erklärt Volker Schleede, Pressesprecher der Sparkasse. Zuletzt am 2. Mai senkte die EZB den Leitzins auf 0,5 Prozent. Hinter vorgehaltener Hand bringen es die Verantwortlichen auf eine Formel: Euro-Krisenländer kommen billig an Geld und deutsche Sparer zahlen angesichts niedriger Zinsen und einer Teuerungsrate von rund zwei Prozent drauf. Zitieren lassen möchte sich damit aber niemand.
0,3 Prozent pro Jahr bekommen Sparer bei der Sparkasse für eine Summe bis 50.000 Euro, darüber sind’s 0,4. Dass das bei Kunden null Begeisterung auslöst, weiß Schleede. „Viele halten ihr Pulver mit flexiblen Anlagen trocken“, sagt er und macht das an Zahlen deutlich: Auf Tagesgeldkonten der Sparkasse lägen rund 1,4 Milliarden Euro, auf Sparbüchern seien es nur noch circa 730 Millionen Euro. „Die Menschen möchten kurzfristig an ihr Geld kommen“, so Schleede. Eine tägliche Verfügbarkeit bis 2.000 Euro beim Sparbuch und eine dreimonatige Kündigungsfrist sind da eher ein Hindernis.
Ein Sockelbestand bleibt
Einen Abgesang auf das Papier-Sparbuch möchte Georg Schachner, Leiter des Privatkunden-Geschäfts der National-Bank, aber nicht anstimmen: „Bei uns ist es zwar auch rückläufig, aber es gibt immer noch einen Sockelbestand.“ Auf 15.000 Essener Kunden kommen am Theaterplatz 22.000 Sparbücher, die derzeit mit 0,15 Prozent per anno verzinst werden. Er bedauert ebenfalls den winzigen Ertrag, einen langsamen Tod befürchtet er aber nicht, denn das Sparbuch werde geschätzt – wegen seiner Einlagensicherung. Das bestätigt auch Thomas Schwarz von der Commerzbank, die 0,25 Prozent Zinsen bietet. „Für viele ist es immer noch eine eiserne Reserve – und wenn diese nur für den Fall eines kaputten Kühlschranks vorgehalten wird“, betont er.
Auch bei den Genossenschaftsbanken ist der Wandel bemerkbar. „Kündigungen erfolgen weniger, Guthaben werden teilweise verfügt“, erklärt Susanne Kettner von der Genobank. Wie hoch der Ertrag der 16.400 Sparbuch-Inhaber bei ihrer Bank ist, hängt von der Sparsumme ab: Bis 5.000 Euro gibt’s nur 0,1 Prozent, ab 125.000 Euro 0,25 Prozent im Jahr. Von Verschiebungen zu anderen Anlageformen berichtet auch die Sparda-Bank, aber jede dritte der Gesamteinlagen in Essen sei ein Sparbuch.
Zinsjubel mit dem BVB
Dass Zins-Not erfinderisch macht, bewies die Bank mit dem vor Jahren angepfiffenen BVB-Sparkonto, bei dem es bis heute neben einer Grundverzinsung von aktuell 0,25 Prozent für jedes erzielte Bundesligator von Götze, Reus und Co für den Zeitraum zwischen den Spieltagen je 0,5 Prozent mehr gibt. 2013 kickten die Borussen den Zinssatz hoch auf durchschnittlich 1,44 Prozent – und Samstag ermpfangen sie Hoffenheim. Gute Zins-Aussichten also.