Es gibt Gesichter im Viertel, die sind einem so vertraut wie liebe Verwandte. Gabriele Langen lacht, als sie den Vergleich hört. Doch dann erzählt sie, dass sie bereits seit 1978 in der Sparkassenfiliale an der Witteringstraße die Kunden betreut und staunt selbst ein wenig: 35 Jahre sind seitdem vergangen. „Wo ist die Zeit bloß geblieben?“, fragt die Bankkauffrau mit dem markanten Kurzhaarschnitt.
Und was hat sich in diesen 35 Jahren alles verändert? Geldautomaten gab es noch nicht, als Gabriele Langen 1970 als 15-Jährige ihre Ausbildung begann. „Wir standen noch in Kassenhäuschen, waren durch Panzerglas geschützt.“ Einkaufen mit Karte war damals unvorstellbar. Jede Mark, die man ausgeben wollte, musste man sich am Schalter auszahlen lassen. „Die Automatisierung und die Computerisierung hat in meinem Beruf unglaublich viel verändert.“ Und tut es noch. „Die nächste Neuerung wird die Giro-Go-Karte sein.“ Das ist kontaktloses Bezahlen mit der Karte, ohne die PIN eingeben zu müssen, erklärt sie. Bei Kleinstbeträgen bis zu 20 Euro soll das bald möglich sein.
Schalter heißt jetzt Service-Point
Wer jetzt denkt, die Geldinstitute hätten sich bald selbst abgeschafft, täuscht sich: Immer noch gibt es Menschen, die den persönlichen Kontakt schätzen und nicht missen wollen. Trotz Geldautomat, trotz Kreditkarte, trotz Online-Banking stehen sie bei Gabriele Langen am Schalter, der heute Service-Point heißt. „Meine Kunden hier sind mir schon sehr vertraut, manche kenne ich seit Generationen.“ Da waren schon die Großeltern mit dem Sparbuch bei ihr, später die Eltern, die Kinder und die Enkel.
„Mit Menschen zu arbeiten, macht mir auch nach so einer langen Zeit immer noch große Freude.“ Deswegen ist die gebürtige Kettwigerin auch immer im Service geblieben, wollte nie aufsteigen: „Es gibt im Berufsleben Häuptlinge und Indianer. Ich gehöre zu letzteren“, erklärt sie lakonisch.
Deswegen steht Gabriele Langen immer an der vordersten Front, im Eingangsbereich der Filiale. Drei Überfälle hat sie in ihrer langen Zeit am Schalter erlebt, alle sind glimpflich verlaufen. Eine ihrer Sternstunden war die Euro-Einführung. „Da wurde Geschichte geschrieben und ich war mittendrin.“ Menschentrauben hingen am 2. Januar 2002 schon morgens vor dem Eingang der Sparkasse, manche brachten eimerweise Kleingeld mit, das sie in die neue Währung umtauschen wollten. Trauert sie der guten alten Mark noch nach? „Ich hatte kein Problem, mich von ihr zu trennen.“ Hält sie heute ab und an noch mal einen Zehn-Mark-Schein in den Händen, wird sie trotzdem ein wenig nostalgisch. „Aber der Euro als Zahlungsmittel in so vielen europäischen Ländern ist doch unglaublich praktisch.“
Und dann erzählt Gabriele Langen noch von einem Kuriosum, das sie immer wieder beschäftigt: 13,2 Milliarden D-Mark sind laut Bundesbank nicht umgetauscht worden, werden immer noch vermisst. „Da muss es in unzähligen Haushalten noch volle Sparschweine und Sparstrümpfe geben oder das Geld steckt in und unter Matratzen.“