Essen. . Ausgerechnet Theater und Philharmonie in Essen, oft als verschwenderisch verschrien, erweisen sich als Musterschüler im Sparen. Doch der TuP-Chef mahnt: „Von jetzt an wird’s teurer“. Vor allem die Personalkosten fallen bei Theater und Philharmonie ins Gewicht.
Wenn die Finanzexperten aus der lokalen Politik Monat für Monat eine andere städtische Tochterfirma beäugen, dann schmücken sich deren Chefs zur Präsentation gern mit Excel-Tabellen und Zahlenkolonnen. Die hatte Berger Bergmann am Dienstag auch parat, aber lieber kam er den Gegenübern mit seinem Jackett: „Das macht sich noch ganz schmuck“, bescheinigte der Geschäftsführer von Theater und Philharmonie der verdutzten Politikerschar und nestelte absichtlich ein wenig umständlich an seinem Kragen, „aber irgendwann trägt es sich ab. Und ungefähr so ist es auch mit der TuP.“
Fünf Jahre ist Bergmann jetzt Geschäftsführer der städtischen Kultur-Tochter, die schon immer mit dem Image kämpfte, angesichts klammer Etats an anderer Stelle der Stadt allzu verschwenderisch zu wirtschaften. Dass zumindest unter seiner Ägide genau das Gegenteil der Fall war, damit verblüffte Bergmann jetzt auch manch skeptischen Kulturkritiker: Binnen fünf Jahren hat er den Betrieb in Aalto, Grillo und Philharmonie auf Sparkurs getrimmt, hat die drohende Insolvenz verhindert und eine Spartenschließung abgewendet, hat den Zuschussbedarf von 47,9 auf 41,5 Millionen Euro eingedampft und zugleich Tariferhöhungen in siebenstelliger Höhe kompensiert.
Belegschaft abgebaut
Nahezu geräuschlos wurden die Schaltstellen auf Essens Kulturdampfer neu besetzt und ohne betriebsbedingte Kündigungen sechs Prozent der Belegschaft abgebaut. Und da reden wir noch nicht von schrumpfenden Überstunden-Kontingenten, leistungsbezogenen Vergütungsmodellen und gleichzeitig gestiegenen Einnahmen durch „im Übermaß“ gestiegene Ticket-Preise, etwa bei Premieren.
Und doch, vom Streichkonzert erklingen offenbar die letzten Takte, und der Dirigent kokettiert mit einer abgearbeiteten To do-Liste: „Ich bin am Ende meiner guten Ideen und befürchte, dass meine besten Zeiten vorbei sind. Wir kommen an einem Punkt, wo man sagen muss: Es wird von jetzt an teurer“, warnte Bergmann die Politik vor. Der bei den Etatberatungen schon im November vergangenen Jahres gelockerte Sparkurs war also kein einmaliges Zückerchen, weil bei einem personalintensiven Betrieb wie Theater und Philharmonie der Schlüssel nun mal in den Personalkosten liegt: „Am Ende fressen uns die Tarifsteigerungen auf“, sagt Bergmann. 1.200 Veranstaltungen wie früher? „Da hätte ich längst Konkurs anmelden müssen.“ Bei 990 hat man sich eingependelt – und nur 600.000 Euro weniger an Einnahmen erzielt.
„Kunst leistet man sich“
Das muss man sich leisten wollen, appellierte der Kulturmanager und redet Klartext, wo man sich sonst gerne etwas verschwurbelt vortastet: Ja doch, „wir machen etwas Elitäres, das muss man auch mal sagen, wir popularisieren es, aber ich kann es am Ende nicht für jeden öffnen, weil Grundbildungsfragen gegeben sein müssen.“ Also bitte, die Politik habe am Ende zu entscheiden: „Kunst leistet man sich.“
Und die Politik will dies offenbar auch – ablesbar am allseitigen Beifall für Udo Bayer vom Essener Bürger Bündnis, der Berger Bergmanns Arbeit als „ganz große Erfolgsgeschichte“ lobte.
Aber ob es nicht doch noch irgendwo Sparpotenzial gebe?
Ja, räumt Bergmann ein: bei den Werkstätten womöglich. Wenn die vom Hafen in einen citynahen Neubau zögen, ließe sich noch einiges im Betrieb einsparen. Aber dazu braucht es noch Gespräche mit dem Betriebsrat, ein 20.000 Quadratmeter großes Grundstück in Innenstadtnähe und 10 Millionen Euro für das Investment.
Kein neues Jackett also, aber ein neuer Blaumann? Es scheint, als sei die Politik bereit, mal ernsthaft darüber nachzudenken.