essen. Eigentlich braucht der Essener keinen Grund, um seinen Grill anzuwerfen: Außer er feiert vielleicht am Grillplatz im Grugapark seine Auswanderung oder sie den Abschied vom Single-Dasein vor der Heirat.
Irgendwas fehlt immer. Dabei ist das erste Grillfest im Jahr doch perfekt arrangiert. Der eifrig und kurzfristig gesäuberte Rost hängt an seinem Platz. Über der glühenden Holzkohle baumeln dicke Würstchen, tropft das Fett der Nackensteaks in die Glut und die Fleischspieße, mmh lecker, sehen auch schon fast gar aus. Jetzt noch ein Schlag Kartoffelsalat – und nicht nur die Sonne ist im siebten Himmel, sondern auch der Gaumenfreund.
Mitchell Lloyd schaut eigentlich zufrieden auf seine Feuerstelle, dennoch vermisst der gebürtige Australier eine wichtige Spezialität: „Hier kriegt man kein Kängurufleisch.“
Gut, mit Bratwurst und deutschen Speisen könne er mittlerweile auch vorlieb nehmen. Zumindest habe er sich in den letzten drei Jahren an sie gewöhnt. „Ich bin aus Sydney nach Kray gezogen – für die Arbeit“, erzählt der 30-Jährige, während er mit der Grillzange das marinierte Bauchfleisch wendet. Nun geht’s aber wieder zurück in die Heimat.
Grillplatz in der Gruga gemietet
Und um mit Freunden und Arbeitskollegen ein letztes Mal zusammen zu kommen, dafür haben seine Frau Cassandra und er einen Grillplatz nahe der Kranichwiese in der Gruga gemietet. „Den hab’ ich bereits reserviert, als noch Schnee lag“, sagt er lachend. Am Samstag sieht’s da schon besser aus: Trotz kurzer Regenschauer zeigt sich zum Nachmittag nur noch die Sonne. „Jeder hat etwas mitgebracht“, deutet er auf die Plastikschalen mit Salaten. Mit rund 100 Gästen rechnet er – „aber nicht alle auf einmal, manche sind auch schon weg.“
Im Grillen stünden die Australier den Deutschen jedoch in nichts nach, meint Mitchell Lloyd. Nur an die Holzkohle musste er sich gewöhnen: „Bei uns macht man das nur mit Gas. Das geht viel schneller, hier genießt man das Grillen viel mehr.“ Ja, gibt er zu, das werde ihm fehlen, ebenso wie die Freunde, das Autobahnfahren ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, die Currywurst mit Pommes oder die Fußball-Bundesliga. Und das hiesige Wetter? „In Sydney ist es immer schön und vor allem warm.“ Auch ‘ne Antwort.
Luxus mit Lachsfilet
Eine etwas lautere geben die Mädels am Grillplatz nebenan. „Der Himmel brennt“, tönt eine Schlager-Zeile aus den Musikboxen. „Sind das die Stripper?“, fragt Katharina kreischend bei der Ankunft von Schreiber und Fotograf. Nacktes Fleisch gibt’s jedoch zu ihrer Enttäuschung nicht – außer vielleicht dem, was bereits neben dem Grill aufwartet.
Die 27-Jährige aus Stadtwald fährt im Mai in den Hafen der Ehe ein. Statt die Braut klischeebeladen Kondome und andere Utensilien mit dem Bauchladen vorm Kölner Dom verkaufen zu lassen, haben Trauzeugin Nina und Patentante Pia Kämper den Grillplatz zur Party-Zone verwandelt: Lampions, Ballons und Girlanden hängen herum, ein DJ macht die Musik, ein Fotograf die Erinnerungsfotos. Deren Anwesenheit ist erlaubt, nur das Fleisch müssen die jungen Damen selber braten.
„Das ist einfach untypisch“, sagt Nina über den etwas anderen Junggesellinnenabschied. Viel Prosecco fließt in die Plastikbecher, die Stimmung ist ausgelassen. Ganz ohne finanzielle Einnahmen geht das Luxus-Buffet mit Lachs, Hähnchenbrust und Kalbfleisch aber nicht: „Katharina musste auf dem Rüttenscheider Markt Kaffee, Sekt und selbst gebackenen Kuchen heute morgen verkaufen. Das haben wir dann in Grillgut umgesetzt“, erklärt ihre beste Freundin Nina. Sie ist erleichtert, dass doch noch alles mit dem Platz geklappt hat: „Ab Mitte Januar konnte man anrufen, um zu reservieren. Mehrmals hab ich’s versucht und bin nicht durchgekommen.“
Info: GrIllen In den Parks oder in der Gruga
Bis auf den Hallopark ist in Essens öffentlichen Grünanlagen Grillen nicht verboten, wenn „ein tragbarer Grill und handelsübliche Holzkohle benutzt werden“, informiert die Stadt auf ihrer Internetseite www.essen.de. Abfälle müssen danach ordnungsgemäß entsorgt werden.
Im Grugapark darf man nur an den sechs vorgesehenen Plätzen grillen, diese muss man mieten. Montags bis donnerstags kostet das 40 Euro; freitags, samstags, sonntags, vor und an Feiertagen sind es 60 Euro. Reservierungen sind unter der Telefonnummer 0201- 88-83106 möglich oder am Infopunkt in der Orangerie.