Essen. . „We Will Rock You“ ist zurück. Das Queen-Musical, das im Spannungsfeld zwischen Rock und Entertainment von Erfolg zu Erfolg um die Welt geeilt ist, feierte im Essener Colosseum Theater Premiere. Und es ließ sich feiern vom Publikum. Gesang, Technik und Inszenierung überzeugen durchweg.
Auch wenn die "We Will Rock You"-Version in Essen nicht vollkommen anders ist als jene, die zwischen 2004 und 2008 mehr als zwei Millionen in den Kölner Musical Dome pilgern ließ, ist das Stück doch laufend aktualisiert worden. Dafür sorgte schon Autor Ben Elton („Blackadder“) gemeinsam mit den beiden Queen-Veteranen Brian May und Roger Taylor.
Denn in unseren Zeiten, das wissen die Drei sehr gut, ändern sich popkulturelle Bezugsgrößen schneller, als man es twittern kann. Der Charakter des Stückes ist geblieben: Eine liebevolle Hitrevue aus 21 Songs von Queen, die von einer Rahmenhandlung meist gut zusammengehalten wird.
Scaramouche und Galileo rocken gegen Einheitsbrei-Imperium
Was passiert? In einer gar nicht allzu weit fernen Zukunft lebt auf dem Planeten iPad eine Gesellschaft im kompletten Einheitsbrei: Mode und Musik unterliegen staatlicher Kontrolle. Die synthetischen Klangteppiche liefert der Firmenmoloch namens Global Soft. Weshalb auch echte Instrumente verboten sind.
Über allem thront die Killer Queen, die zwischen Pixelgestalt und wuchtiger körperlicher Erscheinung hin- und herwechselt. Kein Wunder, dass in einer solchen Gesellschaft die eigenwilligen Galileo und Scaramouche nicht zurechtkommen. Sie treffen die Bohemians, einen verstreuten Haufen von Rebellen, die sich auf die Suche nach der echten Rockmusik machen.
Die Kombination der beiden Hauptdarsteller Scaramouche und Galileo ist durchaus gelungen. Sie wird gespielt von Jeannine Michele Wacker, die mühelos über die Bühne wirbelt und ihrer Rolle auch stimmlich voll gerecht wird. Als Galileo meistert Christopher Brose locker Hits wie „I Want To Break Free“ – und bekommt sogar die „Bohemian Rhapsody“ mercurywürdig hin.
Der heimliche Star jedoch ist die Killer Queen. In dieser Rolle war Brigitte Oelke schon im Kölner Gastspiel und bei zahlreichen späteren Stationen so kraftvoll und überzeugend, dass man auch in Essen nicht auf sie verzichten konnte. Manchmal wird auch auf Deutsch gesungen, doch das trübt kaum das musikalische Gesamtbild.
Virtuelles Bühnenbild und reale Kulisse ergänzen sich perfekt
Überhaupt ist das musikalische Niveau der Show sehr hoch, nicht nur gesanglich. Leiter Jeff Frohner macht dem Queen-Sound mit Gitarre und Drums richtig Druck, verleiht ihm im Sinne der Killer Queen „dynamite and laserbeam“, die Musiker wurden eigens von Brian May und Roger Taylor noch einmal einer Prüfung unterzogen.
Auch die technischen Abläufe funktionieren perfekt und laufen rasant, virtuelles Bühnenbild und reale Kulisse fließen praktisch ineinander, auch die Gags mit den Bohemians Britney Spears und Ozzy sitzen auf den Punkt. Und dass der Look auf dem Planeten iPad so aktuell ist, wie man es sich wünschen kann, merkte man im vergangenen Winter, als im Kinofilm „Cloud Atlas“ viele Zukunftsszenen verdächtig nach „We Will Rock You“ aussahen.
Stellt sich die Frage: Was hätte Freddie Mercury zu alledem gesagt? Nun, er war ein Mensch, der Spaß verstand. Nicht von ungefähr haben Queen seinerzeit auch den musikalischen Teil zum schrillen Science-Fiction-Männer-in-Strumpfhosen-Film „Flash“ („Ahaaaaa“) beigetragen. Insofern setzt „We Will Rock You“ eine gute Tradition fort, ganz gemäß Mercurys Motto: The show must go on.