Essen.. Das Essener Opernhaus ist für Opern von Richard Strauss seit Jahren eine glänzende Adresse. Die Neuinszenierung seiner „Ariadne“ bietet orchestrale und stimmliche Feinkost. Szenisch ist sie eher Mittelmaß.
Ob es zehn Jahre nach der letzten Essener „Ariadne auf Naxos“ wieder Appetit auf dieses Meisterwerk aus der Schmiede Strauss-Hofmannsthal hat, wird das Aalto-Publikum mit den Füßen entscheiden. Wer eine überaus feinsinnige, filigran zelebrierte Orchesterbehandlung erleben will, ist im Strauss erprobten Haus von Generalmusikdirektor Stefan Soltesz und den Essener Philharmonikern jedenfalls bestens aufgehoben.
Wer eine ambitioniert-hintergründige Inszenierung dieser vielleicht hintergründigsten aller Strauss-Opern erwartet, wird von Regisseur Michael Sturminger mit konventionellen Bildern und einer biederen Choreografie von Christina Hennings abgespeist. Diese Oper auf der Oper, ein raffiniertes Zwitterwesen zwischen großer Tragödie und volkstümlicher Komödie, ist zugleich ein amüsantes Spiel über die Kunst selbst, die Dichter und Komponist zu zwei Seiten einer Medaille vereinen.
Das Aalto-Theater spielt auf der Bühne eine Rolle
Hier optisch erkennbar an den hübsch-bunten Gegenwarts-Kostümen der Buffo-Truppe und der von der Pracht des 18. Jahrhunderts inspirierten Staffage der Ariadne und ihrer Nymphen auf einem Pappmaché-Inselchen (Bühne und Kostüme: Renate Martin und Andreas Donhauser). Das Vorspiel verlegt man flugs ins Aalto-Theater selbst, dessen Zuschauerraum mehrmals als Großprojektion über die Bühne flimmerte. Und am Ende liebt nicht nur die von Theseus verlassene Ariadne den jungen Bacchus. Zerbinetta greift sich den Komponisten und schließlich treibt die Regie das Liebe-besiegt-alles-Spiel so weit, dass sich auch Musiklehrer und Tanzmeister betasten – bevor das Aalto-Bühnenfeuerwerk explodiert.
Es schien zu gefallen. Ein paar verhaltene Buhs trafen lediglich Jeffrey Dowd, dessen Tenor in der Partie des Bacchus allerdings auch nicht als „junger Gott“ sondern eher glanzlos und angestrengt daher kam. Die Frauen zeigten sich eindeutig überlegen. Zwar biss sich Michaela Selinger (v. a. nach ihrem vielversprechenden Octavian) an der Partie des Komponisten etwas die Zähne aus. Auf große Bögen und strahlende Höhe wartete man vergebens. Dafür prunkte Julia Bauer als Zerbinetta nicht nur in ihrer Paradenummer „Großmächtige Prinzessin“ mit makelloser Koloratur, perfekter Höhe gepaart mit soubrettenhafter Leichtigkeit.
Auch Silvana Dussmann, die als Ariadne ihr Rollendebüt gab, traf den großen Strauss-Ton. Mit wunderbaren Schattierungen, blühender Höhe sorgte sie für den beglückenden Schluss eines durchwachsenen Abends.