Oberhausen. . In Hamburg wurde es 2007 aus der Taufe gehoben, in Stuttgart hat man es schon gesehen, ebenso wie in Wien und Tokio. Nun ist das Musical „Ich war noch niemals in New York“ mit den Melodien von Udo Jürgens (78) im Metronom Theater am CentrO Oberhausen angekommen.

Als Udo Jürgens 1982 den Song „Ich war noch niemals in New York“ veröffentlichte, hat er vermutlich nicht daran gedacht, dass dies 25 Jahre später auch der Titel eines Musicals sein würde. Und trotz all seiner Erfolge hat er es damals vermutlich auch nicht ins Kalkül gezogen, dass irgendwer mal ein Interesse daran haben könnte, ein veritables Stück Entertainment ganz aus seinen Melodien aufzubauen. Am Mittwoch nun hatte „Ich war noch niemals in New York“ NRW-Premiere im Oberhausener Metronom-Theater – fünf Jahre nach der Uraufführung in Hamburg und mit bisher über drei Millionen Besuchern ein Garant für Erfolg.

Seit den ersten Bühnenschritten an der Alster hat dieses Werk inzwischen enorm an Kraft und Perfektion zugelegt. Was auch der angereiste Udo Jürgens vermutlich gespürt hat, als er am Schluss auf der Bühne von „einer der besten Vorstellungen, die ich je gesehen habe“ sprach. Die Arbeit an dem Stück habe ihn so reich mit Erfahrungen beschenkt, dass er letztlich auch zufrieden gewesen wäre, wenn man das Musical nie aufgeführt hätte. Sprach’s – und stimmte in den Schlussgesang mit ein.

Ein Knirps singt: „Mit 66 Jahren...“

Die an echter Klasse nicht gerade reiche deutschsprachige Musical-Szene hat sich mit dieser Produktion zumindest eine Feder an den Hut stecken können, die dort auch soliden Halt findet. Als „Compilation-Musical“, dessen musikalische Grundlage immer die besten Songs eines einzigen bekannten Interpreten sind, kann es sich in vielerlei Hinsicht mit „Mamma Mia“ und seinen Abba-Songs messen. Zumal Udo Jürgens musikalisch eine deutlich größere Bandbreite besitzt als das Schweden-Quartett.

Die 20 geschickt eingebauten Lieder tragen das Stück denn auch in luftige Höhen, während es mit den Dialogen allein doch eher am Boden kleben geblieben wäre. Die Figuren stammen aus dem Katalog für Rollenklischees. Wie die Fernsehmoderatorin Lisa (Charlotte Heinke), natürlich eine kalte Po­werfrau, die ihre Mutter Maria im Altenheim versauern lässt. Ihre beiden Stylisten bilden ein homosexuelles Bilderbuchpaar, das bei jeder Bewegung meint, mit schwulen Signalen protzen zu müssen. Der Fotograf Axel (Karim Khawatmi) wirkt derart männlich kompakt, dass nicht nur Schokolade bei seinem Anblick dahinschmilzt.

Die Alten geben sich störrisch

Die Handlung will es, dass Zicke und Kraftmensch gemeinsam ein Kreuzfahrtschiff betreten, um ihre jeweiligen Elternteile wieder von Bord zu holen und sie erneut ins Heim zu sperren. Die aber geben sich störrisch, wollen lieber unter der Freiheitsstatue heiraten und sind auch sonst die Verkörperung von Geriatrie-Rebellen mit letzten Träumen. Stören uns all diese Standardsituationen? Überhaupt nicht, denn die vom Londoner Westend-Profi Michael Reed fetzig arrangierten Songs sorgen für Stimmung, die Choreographie des Balletts (Kim Duddy) für gute Laune und das Bühnenbild für pures Staunen. Immerhin holt man hier ein Schiff auf die Bühne und blättert es nach und nach vor uns auf.

Was besonders gefällt an dieser Produktion ist die Tatsache, dass man sich nicht ganz so ernst nimmt. Da singt ein Knirps altklug „Mit 66 Jahren“, ist „Griechischer Wein“ der Hit in einer Schwulenbar, wird „Merci, Cherie“ mit siegesgewissem Grinsen aus der Mottenkiste geholt. Drei Stunden inklusive Pause dauert es, bis alle Missverständnisse ausgeräumt sind. Es könnte ein wenig kürzer sein, muss aber nicht.