Essen. . Eine Anfrage wird zum Politikum: Werden Bürger stigmatisiert, wenn die Stadt deren Übergriffe zum Thema macht?
Wenn die Helfer kommen, ist die Gefahr schon fast vorüber? Von wegen: Manchmal geht sie dann erst richtig los, wie jene Rettungssanitäter und Feuerwehrleute berichten können, die in der Silvesternacht gezielt mit Böllern und Raketen „beschossen“ wurden. Aber es ist nicht nur aus dem Ruder laufende Partylaune, die städtische Bedienstete angelegentlich in Gefahr bringt, manchmal ist es schlicht die kalte Wut der „Kunden“ über vermeintlich schlechte Behandlung. Und dann wird auch schon mal mit dem Messer gedroht.
Seltene Einzelfälle sind das, nicht mehr – vor allem angesichts Hunderttausender Bürgerkontakte. Für CDU, FDP und Essener Bürger Bündnis dennoch Grund genug, einmal im Jahr einen Bericht über gefährliche oder bedrohliche Situationen in Amtsstuben einzufordern.
Personalausschuss bügelt Antrag ab
Doch was im Aufsichtsrat der Essener Verkehrs AG geübte Praxis darstellt, wurde im städtischen Personalausschuss gestern zum Politikum und prompt mehrheitlich abgebügelt: Von einem „Schauantrag, der die Verwaltung beschäftigen soll“, sprach die SPD, und selbst die Grünen – sonst mit den Antragstellern im Schulterschluss – schüttelten über den „populistischen“ Vorstoß den Kopf: Da werde, so Elisabeth van Heesch-Orgaß empört, „das Publikum stigmatisiert und kriminalisiert“, auch und gerade im Job-Center. Der Antrag von CDU und Co. – nur ein Instrument also, um sattsam bekannte Vorurteile zu schüren?
Christdemokrat Matthias Hauer war erklärtermaßen „ein Stück weit erschüttert“, dass nicht mal ein schnöder Jahresbericht allgemeine Zustimmung findet. Was bei ihm den Verdacht auslöse, es sollten keine Fragen gestellt werden, „weil man die Antworten darauf nicht hören möchte“. Und auch Josef Förster vom Bürger Bündnis konnte sich nur wundern: Hinterher, wenn was passiert, „ist der Kummer groß – und alle schieben die Verantwortung hin und her“.
Belegschaft sieht keinen Nachholbedarf beim Thema Sicherheit
Aber was will die Politik machen, wenn selbst die Betroffenen eine solche Aufarbeitung mit gebremster Begeisterung beäugen: Kai-Uwe Gaida jedenfalls, Personalrats-Chef der gut 9100 städtischen Bediensteten, wies gestern darauf hin, dass die Belegschaft grundsätzlich keinen Nachholbedarf an Sicherheit sehe: Das im vergangenen Jahr eingestielte Konzept mit Alarmknöpfen am Schreibtisch funktioniere offenbar, und die Mitarbeiter in den Amtsstuben hätten „keine Lust und kein Interesse, sich gegen die Bürger regelrecht abzuschotten“. „Wut und Enttäuschung, Frust und damit letztlich Aggression“ entstünden vielmehr, wenn die Arbeitsbedingungen nicht stimmen. Bis zu sieben Stunden Wartezeit im Ausländeramt „machen die Menschen nicht freundlicher, das kann ich ihnen sagen“.
Personaldezernent Christian Kromberg musste da widersprechen: Wartezeiten dieser Länge „gehören längst der Vergangenheit an.“ Alles in Ordnung also? Die „Amtsgewalt“ wird jedenfalls kein Berichtsthema: Der Ausschuss lehnte das Ansinnen mehrheitlich ab.