Essen. . Immer mehr junge Menschen landen auf der Straße. Die Stadt will nun mit Hilfen aus einer Hand schneller reagieren. Eine neue städtische Fachstelle, in der alle Fäden zusammenlaufen, soll helfen. Lange Verwaltungszeiten und verschiedene Verwaltungsstellen hatten bisher schnelles Handeln verhindert.

Mehr als 200 jungen Essenern fehlt mehr als „nur“ ein Arbeitsplatz oder eine Wohnung. Ihnen mangelt’s an jedweder Lebensperspektive in einer Stadt, die das Phänomen der neuen „Generation Elend“ über Jahre ignorierte. Die Folgen sind bekannt: Mangels eines eng geknüpften Netzes geeigneter Hilfen für Jugendliche und Heranwachsende fiel eine deutlich zunehmende Zahl der Betroffenen durch die Maschen der Zuständigkeiten und landete unsanft auf der Straße.

Nachdem die Sozialverbände Alarm geschlagen hatten, machte die Politik den Grund für diese Entwicklung zwar schnell aus: „Weil sich nicht wirklich jemand für die jungen Menschen verantwortlich fühlte“, kritisierte Jutta Eckenbach, sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, vor zweieinhalb Jahren. Jedoch verging eine ebenso lange Zeit, bis die Verantwortlichen eine Lösung finden konnten.

Neue städtische Fachstelle

Jetzt, endlich, meinen sie eine zu haben: Hilfen aus einer Hand sollen es künftig richten. Eine neue städtische Fachstelle, in der alle Fäden zusammenlaufen, wird sich der Schicksale annehmen. Ziel ist es, uneffektive Doppelbetreuungen durch unterschiedliche Anlaufstellen, lange Bearbeitungszeiten und steigende Ausgaben durch einen häufig auf Dauer drohenden Sozialhilfebezug jener Menschen zu vermeiden, die eigentlich zu alt fürs Jugend- und zu jung fürs Sozialamt sind. Diese „Schnittstellenproblematik“, wie es die Sozialexperten nennen, verhinderte in der Vergangenheit genau das schnelle Handeln, auf das es ankommt, um Lebenswege nicht auf einer Parkbank enden zu lassen.

Hilfen zur Persönlichkeitsentwicklung

„Viele Jugendliche bringen die von den Behörden geforderte Mitwirkungsbereitschaft einfach nicht mit“, erklärt Eckenbach: „Ziel ist daher, neben finanzieller Unterstützung auch Hilfen zur Persönlichkeitsentwicklung und zur eigenverantwortlichen Lebensführung anzubieten.“ Anlass zum Handeln gibt es genug: Nach Beobachtungen der Wohlfahrtsverbände werden die Wohnungslosen in der Stadt nicht nur zahlreicher, sondern gleichzeitig auch jünger. Fast jeder zweite Essener ohne ein festes Dach über dem Kopf ist inzwischen nicht älter als 27 Jahre, während die Zahl der Betroffenen insgesamt so hoch ist wie seit acht Jahren nicht mehr. 1327 Wohnungslose wurden binnen zwölf Monaten im Sozialzentrum an der Maxstraße beraten und betreut. Das sind im Jahresvergleich über fünf Prozent mehr. Bei den betroffenen Frauen sieht die Entwicklung besonders alarmierend aus: Ihre Zahl stieg aktuell um über elf Prozent, das ist der höchste Wert seit 1997. Zum Teil sind sie „sehr jung“, häufig psychisch krank und ständig in Gefahr, in die Prostitution oder die Drogenszene abzugleiten. Rette sie, wer kann.