Essen. . Die Südkoreaner zeigen sich trotz der derzeitigen Krise auf der koreanischen Halbinsel sorglos, berichtet die Essener Ingenieurin Bou-Young Youn, die zu einem Fachkongress nach Seoul reiste und Verwandte besuchte.

Die südkoreanische Hauptstadt Seoul ist nur gut 50 Kilometer entfernt von der Grenze zu Nordkorea, das derzeit der Weltgemeinschaft und vor allem seinen Nachbarn auf der koreanischen Halbinsel die Sorgenfalten ins Gesicht treibt. Jedenfalls könnte man das meinen. Doch die Südkoreaner demonstrieren angesichts des Kriegsgeheuls Gelassenheit, erzählt die Essenerin Bou-Young Youn, die gerade von einem mehrwöchigen Aufenthalt in Südkorea zurückgekehrt ist.

„Sie haben das schon so oft gehört“

Die Ingenieurin, die an der Ruhr-Universität Bochum arbeitet, war zu einer internationalen Fachkonferenz für Tunnelbau nach Seoul gereist, und hatte den Anlass zudem für Verwandtenbesuche genutzt, in der Hauptstadt ebenso wie in anderen Teilen des Landes. Die Südkoreaner erlebte die 31-Jährige dabei als ausgesprochen entspannt, was die Bedrohung aus dem Norden angeht. „Im Alltag ist davon nichts spürbar, alles geht seinen gewohnten Gang. Die Südkoreaner machen sich überhaupt keine Sorgen – jedenfalls lassen sie es sich nicht anmerken.“

Sicher, auch in den dortigen Medien sei die Zuspitzung des Konflikts das Thema schlechthin, genau wie bei den Familien zu Hause. „Ein Cousin sagte mir, er mache sich Gedanken, aber keine Sorgen.“ Die Gespräche über die Provokationen des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un seien eher von Belustigung als von Angst geprägt, so Youn. „Sie haben das alles schon so oft gehört.“

Spielt da vielleicht auch Verdrängung eine Rolle? In ständiger Sorge vor einem atomaren Angriff zu leben, ist schließlich nicht einfach. „Mit Verdrängung hat das nichts zu tun, glaube ich. Die Südkoreaner sind unheimlich stolz auf ihr Land und sie sind überzeugt, dass nichts passieren wird.“ Auch das große Vertrauen in den amerikanischen Verbündeten sei deutlich spürbar.

Diesmal keine Teilnehmerliste

Und sie selbst – hatte sie keine Angst? „Ich kam nicht dazu, weil ich ständig mit Neuem konfrontiert war“, sagt die Rüttenscheiderin. Sie ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, Südkorea kennt sie nur von gelegentlichen Besuchen. Vor der jetzigen Reise hatte sie wegen der sich zuspitzenden Lage kurz gezögert, war dann aber doch geflogen. Vorsichtshalber trug sie sich bei der Botschaft der BRD in Seoul in die Liste deutscher Staatsbürger ein, die sich vor Ort aufhalten. „Zwischendurch bekam ich Emails mit dem neuesten Stand. Meistens hieß es, dass die Spannungen zunehmen, es aber keine konkrete Gefährdung gibt.“

Manch anderer Ausländer, der für die Konferenz an der Technischen Universität Seoul angemeldet war, sah das möglicherweise anders und verzichtete. Es habe sie gewundert, sagt Youn, dass keine Teilnehmerliste verteilt wurde, anders als bei solchen Treffen üblich. Die Teilnehmerschar sei kleiner gewesen als erwartet und habe zum Großteil aus Asiaten bestanden.

Trotz schöner und interessanter Tage ist auch Youn froh, wieder zu Hause zu sein. Wie es in Korea weitergeht, wird sie nun aus der Ferne verfolgen.