Essen. Spitzenkoch Bernd Stollenwerk ließ einen „Michelin“-Stern zurück und nahm die neue Herausforderung im Casino Zollverein an. Dort will er „Geschmacksexplosionen“ erzeugen.
Als Kind war er selig, wenn er bei der Oma alles probieren durfte. Als Halbwüchsiger verfeinerte er Nudeln mit Ei, wenn die Mutter noch bei der Arbeit war. Inzwischen hat er sich längst einen Namen gemacht in der deutschen Spitzengastronomie. Zwei Mal konnte er einen Stern des Restaurantführers „Guide Michelin“ erringen und 18 Punkte beim „Gault Millau“. „Das kann mir niemand mehr nehmen“, sagt Bernd Stollenwerk. Für den Posten als neuer Küchenchef im Casino Zollverein ließ er die Auszeichnung, die stets mit dem Restaurant verbunden ist, zurück. „Mein Blick auf die Dinge hat sich verändert. Ich muss nicht mit dem Sterne-Strom schwimmen, um ein glücklicher Koch zu sein“, meint der Vater von fünf Kindern aus zwei Ehen.
Bernd Stollenwerk sitzt da, trägt eine Jacke mit falsch geschriebenem Namenzug. Von Eitelkeit keine Spur. Vielleicht liegt es an der Zeit, in der er seine Lehre machte. „Damals waren Sternerestaurants nicht so verbreitet und es hieß: Was, du willst Koch werden?“, erzählt der gebürtige Kölner. Als entspannt und klar strukturiert empfand er seine Ausbildung im Casino des TÜV Rheinland. Bis heute ist davon die Führung seiner Küchenbrigade, zu der sieben Azubis und neun Köche zählen, geprägt. Gute Organisation, ruhiger Ton sind oberste Gebote und: „Ich überzeuge jeden mit der eigenen Leistung.“
Industriell geprägtes Ambiente
Dass er in die Topgastronomie wollte, war von Anfang an klar. Bald fand er im Kölner Restaurant „Chez Alex“ „einen Mentor, der meine Kreativität gekitzelt hat“. Mit 24 wurde er Küchenchef im „Ambiance“ und erkochte sich drei Jahre später den ersten Stern. Damals scheiterte seine erste Ehe. „Wenn man 15, 16 Stunden arbeitet - das konnte nicht gut gehen“, so Bernd Stollenwerk. Die Karriere ging weiter im „Gut Lärchenhof“ in Pulheim. Es folgte ein zweiter Stern, eine zweite Trennung. 15 Jahre stemmte er die Gourmetküche, in der er sich sehr wohlfühlte und die doch letztlich zum Alltag wurde.
Mit seiner neuen Lebensgefährtin, die er „die Liebe meines Lebens“ nennt, änderte sich vieles. Er zog mit einem Sohn zu ihr nach Dortmund. Er wurde auf das Casino Zollverein aufmerksam. Das industriell geprägte Ambiente gefiel ihm, die Karte war ihm „zu simpel“. Der Mann, der sonst aus dem Bauch heraus entscheidet, überlegte es sich drei Monate und nahm die Herausforderung an. „Das, was ich im Sternerestaurant gekocht habe, will ich für 150 Gäste anbieten. Es soll nicht nur gut aussehen, es soll Geschmacksexplosionen erzeugen“, erklärt er sein Rezept.
In der Beziehung nimmt er sich jetzt Zeit für gemeinsame Erlebnisse: Kino, Theater, essen gehen. Und reisen. „Ich habe da Nachholbedarf“, gesteht der 47-Jährige, der auch zu Hause meistens kocht. Nur manchmal lässt er sich sonntags von seiner Mutter verwöhnen: „Sauerbraten und Rindsroulade finde ich superlecker.“