Essen. In seiner “Schote“ in Essen-Rüttenscheid erkochte sich Nelson Müller 2011 den begehrten Michelin-Stern. Seitdem kann er sich vor TV-Auftritten kaum retten. Zeit für seine zweite Leidenschaft - die Musik - findet der gebürtige Ghanaer trotzdem.

Unter den Spitzenköchen des Reviers ist er der Durchstarter des vergangenen Jahres, vielleicht der Durchstarter schlechthin: Nelson Müller erkochte sich in seiner „Schote“ in Essen-Rüttenscheid nicht nur den begehrten Michelin-Stern, sondern glänzte auch und gerade mit TV-Auftritten in Hülle und Fülle. Seit Herbst 2011 ist der 33-Jährige quasi omnipräsent, das Image des Paradiesvogels weckt zusätzliche Begehrlichkeiten bei den Fernsehmachern. Denn Kochen ist wie Musik, Musik ist wie Kochen für Nelson Müller.

Als Sänger macht er eine ähnlich gute Figur wie als Küchen-Virtuose. Ob bei Raabs „TV Total“, der „Küchenschlacht“, „Lanz kocht“, „Volle Kanne“, der „NDR-Talkshow“, Frank Elstners „Menschen der Woche“ oder in etlichen anderen Sendungen – der Essener ist stets gern gesehener Gast. Dann greift er auch schon mal zur Gitarre und gibt einen seiner souligen Songs zum Besten „Das ist momentan schon alles sehr stressig“, gesteht Müller, „aber auch sehr spannend.

Wie der Oscar in der Filmbranche

Nach der Auszeichnung mit dem Stern hat mich manches fast überrollt. Ohne mein hervorragendes Team in der Schote und in der Kochschule würde ich das sicherlich nicht schaffen.“ Logisch, dass Müller große Stücke auf seine Leute hält, schließlich kann er bei den geballten öffentlichen Verpflichtungen nicht mehr jeden Abend höchstselbst am Herd der Schote zaubern.

Dass das Kochen sein „Kerngeschäft“ ist, vergisst Müller freilich nicht. So hat den eloquenten Koch der Stern fast ein wenig sprachlos, ja anfänglich verlegen gemacht. „Etwas Schöneres gibt es nicht“, gerät er regelrecht ins Schwärmen. „Und dass es jetzt ein Sterne- Restaurant mitten in Rüttenscheid gibt, ist doch phantastisch.“ Ein Michelin-Stern sei ja schon ein bisschen so wie der Oscar in der Filmbranche. Derart schnell konnte er ohnehin nicht mit dieser Ehre rechnen, schließlich hatte er die Schote erst 2009 übernommen. Aber diese rasante Entwicklung passt zum turbulenten Leben des gebürtigen Ghanaers.

Den Rhythmus im Blut

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Aufgewachsen bei seinen deutschen Pflegeeltern in Stuttgart, entdeckte er schon als Jugendlicher seine Passion fürs Kochen – und für die Musik. Die bodenständige Küche seiner neuen Heimat beeinflusste ihn erst einmal entscheidend, den Rhythmus, der ihn an die Gitarre und ans Mikrofon trieb, hatte der Partylöwe wohl im Blut. Doch in seiner jungen „Wanderzeit“ setzte Nelson Müller zunächst ganz auf die Küche. Vor zwölf Jahren landete er in Essen, fand hier seine neue Heimat. Sechs Jahre lang arbeitete er im Zwei-Sterne-Restaurant „Residence“ bei Berthold Bühler und Henri Bach. „Meine absolut prägendste Zeit als Koch“, blickt Müller gerne auf seine Kettwiger Station zurück.

Danach packte ihn wieder der Soul. Müller ließ den Herd links liegen und heuerte für ein Jahr am Grillo-Theater an, sang auf Festivals, organisierte Events und Partys. Schon vorher war er immer wieder auf diversen Bühnen zu sehen und zu hören, frönte voller Hingabe der Black Music. Noch heute erzählt Müller stolz, dass er mit seiner Band seinerzeit im Vorprogramm von Aloe Blacc, der 2010 seinen weltweiten Durchbruch mit „I need a dollar“ hatte, spielen durfte.

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"Meine Rezepte für Body und Soul"

Die Rückkehr in die Gastronomie kam 2007 wie so viele Wendungen in seinem Leben plötzlich und unerwartet, als ein Freund einen Partner für seine neu gegründete Kochschule in der Max-Keith-Straße in Essen-Rüttenscheid suchte. Ein paar Monate später führte Müller die Kochschule in der Planbar 4, der Ideenschmiede von vier Einrichtungs- Spezialisten in der ehemaligen Deutschland- Zentrale von Coca.Cola, allein. Müllers Kurse und Events für private Kunden und Firmen sprachen sich in Windeseile herum, seitdem rast der lebenslustige Exot auf der Überholspur.

2009 übernahm er zusätzlich die „Schote“, ließ die Räumlichkeiten völlig entkernen und umstylen. Die Küche präsentierte sich von Anfang an klassisch mit mediterranen und modernen Einflüssen. Neun Köche beschäftigt er mittlerweile im Restaurant und in der Kochschule. Vor ein paar Monaten ist dann auch noch sein erstes Buch mit dem beziehungsreichen Titel „Meine Rezepte für Body und Soul“ erschienen.

Einfache Hausmannskost und raffinierte Kreationen

„Das Begriffspaar Körper und Seele trifft genau meine persönliche Philosophie des Kochens“, erklärt er. „Für mich gibt es kaum etwas Schöneres, als aus qualitätsvollen, frischen Produkten ein köstliches Gericht zu machen. Aber genauso wichtig sind in meiner Küche Emotionen, Gefühle, Stimmungen, Kindheitserinnerungen, Begegnungen mit Menschen.“ Sein Buch beschreibt chronologisch die Stationen seines Lebens, garniert mit entsprechenden Rezepten – bisweilen einfache Hausmannskost, nicht selten raffinierte Kreationen.

Der Tag hat allerdings nur 24 Stunden. Woher nimmt Müller die Kraft und Zeit für die mannigfaltigen Aktivitäten? „Sicherlich bedeutet das auch Druck und Stress“, gibt er zu, „aber der Erfolg ist auch ein großer Ansporn für mich und meine Leute. Ich bin sehr gerne selbstständig und vergesse dabei nicht, mich stets zu hinterfragen.“ Er bleibe auf dem Boden, versichert Müller, und sei gleichzeitig weiterhin für alle möglichen verrückten Sachen zu haben. So kennt man ihn, so liebt man ihn.