Essen. Hat die Sparkasse beim Verkauf einer Schrott-Immobilie einen Altenheim-Betreiber übers Ohr gehauen? Diese Frage soll jetzt vor dem Landgericht in Essen geklärt werden. Angeklagt ist ein Bauingenieur, der für die Sparkasse als Bau-Betreuer die Fertigstellung des Gebäudes begleitet hat.
Vorstandsmitglieder der Essener Sparkasse – darunter der Vorsitzende Hans Martz und sein Amtsvorgänger Henning Osthues-Albrecht – sollen als Zeugen aussagen in einem Betrugsprozess, der in der kommenden Woche am Landgericht beginnt. Es geht um den Verkauf einer Schrott-Immobilie in der Weststadt hinter den Cinemaxx-Türmen. Die Frage ist, ob die Sparkasse beim Verkauf den Käufer übers Ohr gehauen hat.
Obwohl die Staatsanwaltschaft bereits im letzten Jahr ihre Betrugs-Ermittlungen gegen entscheidende Beteiligte gegen die Zahlung hoher Geldsummen eingestellt hat, könnten das Verfahren wichtige Vertreter des Geldinstituts in neue Bedrängnis bringen.
Beton voller Löcher
Ein Ex-Abteilungsleiter der Sparkasse zahlte damals 60.000 Euro, der damals zuständige Insolvenzverwalter, den die Sparkasse beauftragt hatte, 75.000 Euro. Sie waren in Verdacht geraten, den Rohbau in der Weststadt einem Altenheim-Betreiber verkauft und dabei erhebliche Baumängel bewusst verschwiegen zu haben.
Der Beton des Gebäudes ist voller Löcher, auch tragende Teile. Die Statik ist langfristig nicht gesichert. Das Altenheim ging 2005 in Betrieb, zwei Jahre später wurden erste Mängel deutlich. Die WAZ machte den Fall öffentlich. Ende 2010 mussten alle Bewohner ausziehen. Seitdem steht das Haus leer. Wann es abgerissen werden kann, ist offen.
Kein eindeutiger Freispruch
Die Schäden an Essens jüngster Bauruine sind von außen nicht zu erkennen. Die Sparkasse hatte das Gebäude für knapp 20 Millionen Euro veräußert an den Kölner Immobilienfonds „E&P“, dessen Tochterfirma das Altenheim betrieb. Die Sparkasse finanzierte den Deal.
Ob der damalige Insolvenzverwalter und die Sparkasse „E&P“ tatsächlich betrogen haben, kann bis heute nicht eindeutig beantwortet werden: Die Verfahren wurden zwar eingestellt, und es gilt weiter die Unschuldsvermutung. Doch es war eben auch kein eindeutiger Freispruch.
Aufwendiger Prozess
Im Prozess, der am Dienstag startet, lautet die Anklage auf „Beihilfe zum Betrug“. Angeklagt ist ein Duisburger Bauingenieur, der für die Sparkasse als Bau-Betreuer die Fertigstellung des Gebäudes begleitet hat. Wenn jemand „Beihilfe“ in einem Betrugsvorgang leistet, dann muss aber auch feststehen, dass es überhaupt einen Betrug gibt: Darin liegt die Brisanz in diesem Prozess – falls das Gericht feststellt, dass Beteiligte doch „arglistig“ und somit betrügerisch gehandelt haben, bekäme der Fall eine ganz neue Qualität.
Entsprechend aufwändig geht das Gericht vor: Anberaumt sind dem Vernehmen nach 25 Termine, mehr als 50 Zeugen sind geladen. Mit einem Urteil ist nicht vor dem Sommer zu rechnen – und ob überhaupt etwas Handfestes herauskommt, ist ebenfalls offen.